Erding:Zu Hause kostet es einfach weniger

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Rüstige Senioren zieht es immer seltener ins Altenheim. Die Zahl der Pflegebedürftigen mit Stufe 3 steigt immens

Von Melanie Schwarzbauer, Erding

Die Zeiten, als ein Platz im Altenheim ein rares Gut war, gehören allem Anschein nach der Vergangenheit an. Im Landkreis Erding jedenfalls macht sich eine deutliche Tendenz bemerkbar: Die Heime sind zwar ausgelastet, auf eine Warteliste müssen rüstige Senioren aber nicht mehr gesetzt werden, weil diese immer seltener einen Platz im Pflegeheim in Anspruch nehmen.

"Bereits Ende 2008, Anfang 2009 haben wir den Bereich für rüstige Rentner wegen mangelnder Nachfrage zum Pflegebereich umrüsten lassen. Zudem kam der Bau einer neuen Mensa hinzu", sagt Matthias Vögele, Geschäftsführer von Fischers Seniorenzentrums. Man habe schon zu diesem Zeitpunkt geahnt, dass sich die gesunkene Nachfrage zum Langzeittrend entwickeln würde. Im Vorjahr hätte es nur noch zwei bis drei Bewohner im Bereich der rüstigen Senioren gegeben, da man mit dem vor drei Jahren neu gebauten Betreutem Wohnen einen Ausgleich geschaffen hätte, sagt Vögele.

Bei "Fischers Betreutes Wohnen" stehen insgesamt 48 Wohnungen zur Verfügung, die laut Vögele im Moment zu 100 Prozent belegt seien. Die Belegung des stationären Pflegebereichs liege derzeit bei etwa 98 Prozent. "Einige Zeit hatten wir die Bettenzahl auf 140 beziehungsweise 190 erhöht, wir haben sie aber wegen der konkurrierenden Einrichtungen wieder reduziert", sagt Vögele. Der Geschäftsführer stellt außerdem einen Zusammenhang zwischen dem Bettenüberschuss und der Pflegeversicherung her:"Bei der Pflegeversicherung gilt das Prinzip ambulant vor stationär. Erst wenn alle ambulanten Versorgungen ausgeschöpft sind, beansprucht ein Pflegebedürftiger einen Platz im Altenheim. Zu Hause ist es einfach kostengünstiger", sagt Vögele.

Die Nachfrage an einer bis zu achtwöchigen Kurzzeitpflege sei in den vergangen Jahren ebenfalls erheblich gestiegen. Im November 2014 hat das Fischers Seniorenzentrum zudem einen speziellen Demenzbereich eröffnet, der Platz für zehn Personen bietet. "Es wurde in den letzten Jahren immer ersichtlicher, dass man einen extra Bereich für demenziell Erkrankte benötigt". Dieser Sektor kann zur Sicherheit des Bewohners nur mit Knopfdruck betreten oder verlassen werden.

Hermann Held, Stadtkämmerer und Vorsitzender der Heiliggeist-Stiftung, bestätigt den rückläufigen Trend für den Bereich ohne eine Pflegestufe: "Von den 46 verfügbaren Plätzen werden im Schnitt 30 beansprucht, 2013 waren es noch durchschnittlich 32,5 Plätze." Eine Vollbelegung sei auch im Heiliggeist-Stift keine Selbstverständlichkeit mehr. Gründe dafür seien zum einen, dass in den vergangenen Jahren circa 200 Plätze im Umkreis hinzugekommen seien, zum anderen würde man nach einem Todesfall den Angehörigen zwei Wochen Zeit geben, das Zimmer zu räumen, sagt Held. "Es gab Zeiten, da stand man erst auf einer Warteliste, bevor man überhaupt einen Platz in einem Heim haben konnte. Das ist nun nicht mehr der Fall", sagt der Vorsitzende der Heiliggeist-Stiftung.

Eine eindeutige Entwicklung ist auch in einem anderen Bereich erkennbar: Es gibt immer mehr Pflegebedürftige der Stufe 3. Im Jahr 2013 waren es noch elf Senioren mit der höchsten Pflegestufe, ein Jahr darauf war die Zahl schon doppelt so hoch. Der stationäre Pflegebereich des Heiliggeist-Stifts ist völlig ausgelastet. Die 118 Betten waren 2014 im Schnitt zu 105,3 Prozent ausgelastet. Dies sei nur möglich gewesen, da die Kurzzeitpflege in den Wohnbereich überlappte, sagt Held. Das Pichlmayr Wohn- und Pflegezentrum in Erding existiert erst seit 2013, daher gibt es noch freie Plätze. "Im Laufe der Zeit wird sich aber ein Trend herauskristallisieren", sagt Leiterin Gabriele Mundigl.

© SZ vom 16.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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