Tierschutzverein:Zeit für eine Zäsur

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"Das ist nicht wie beim Schützenverein, wo man einmal pro Woche hingeht": Die Vorsitzende Christa Manschek zieht sich nach mehr als zwanzig Jahren aus dem Vorstand zurück.

Von Sarah Weiss , Erding

"Der hat seinem Herrchen so verzweifelt hinterher geschaut, das war unerträglich für mich." Christa Manschek klingt heute noch ergriffen, wenn sie von der Situation erzählt, die sie zum Tierschutz gebracht hat. Als 25-Jährige holte sie sich ihren ersten Hund aus dem Münchner Tierheim. "Da habe ich dann gesehen, wie ein Mann seinen Hund abgegeben hat. Ich sehe den Hund noch heute vor mir, wie verzweifelt der gewinselt hat."

Seit diesem Schlüsselerlebnis engagierte sich die junge Frau, die schon vorher Mitglied im Tierschutzverein München war, ehrenamtlich. Sie half bei der Vor- und Nachkontrolle der Haushalte in den Landkreisen Erding und Freising, in die das Tierheim seine Schützlinge abgab. Zu Beginn der Neunziger Jahre gründete sich dann im Landkreis Erding, in dem Manschek mittlerweile wohnte, ein Tierschutzverein. "Das ist am Anfang etwas chaotisch zugegangen und irgendwie haben sie mich dann breitgeschlagen, mich als Vorsitzende zur Verfügung zu stellen - das war 1992."

Seitdem leitet Manschek den Erdinger Tierschutzverein und das sei ein Vollzeitjob. Die ausgebildete Politologin blieb zu Hause, um sich um Verein und Tiere zu kümmern. Das Tierheim gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht, alle Tiere waren in privaten Pflegestellen untergebracht. Zeitlich, sagt sie, hätte sie gar nicht arbeiten können. "Das ist nicht wie beim Schützenverein, wo man einmal pro Woche hingeht. Da kann jederzeit die Polizei anrufen und dann muss man Tiere einfangen und unterbringen." Das seien große Anstrengungen gewesen.

Die einzelnen Pflegestationen beherbergten zur Hochsaison teilweise 20 bis 30 Fundkatzen. "Die kamen völlig verwahrlost zu uns, hatten Flöhe und Läuse, teilweise Durchfall. Das macht unglaublich viel Arbeit." Dazu habe sie noch eigene Tiere gehabt. Anfangs waren es vier Hunde. "Da haben die Leute schon oft über uns geredet und gesagt, sie finden das asozial." Heute hat die 71-jährige ein Grundstück in der Größe eines kleinen Fußballfeldes, auf dem sich ihre sechs Hunde austoben können. Sie empfindet ihre Vierbeiner als Entspannung und Therapie.

Während ihrer Amtszeit habe sie viele schlechte, aber auch einige gute Erlebnisse gehabt. "90 Prozent der Dinge, die du siehst, sind schlimm. Aber in 10 Prozent der Fälle lernst du wunderbare Menschen kennen, die Tiere genauso lieben, und es entwickeln sich tiefe Freundschaften"

So sei es auch mit ihren beiden Amtskolleginnen Gabi Eibl und Ilse Jehl gewesen. Nun haben die drei gemeinsam entschieden, dass sie sich bei der nächsten Jahreshauptversammlung am 21. April nicht wieder zur Wahl aufstellen lassen werden. Die große Verantwortung, die sie als Vorstände des Vereins seit über 20 Jahren getragen haben, möchten sie jetzt abgeben. "Wir haben Pionierarbeit geleistet und das Tierheim auf die Beine gebracht. Führen soll es jetzt die nächste Generation." Sie übergebe ein tolles Tierheim und einen finanziell gesunden Verein, sagt Manschek, aber irgendwann sei es Zeit für eine Zäsur. "Ich bin ja nicht der Papst, der nur bei Tod abtreten darf." Mit ihrer Unterstützung können die anderen Mitglieder dennoch jederzeit rechnen. "Einmal Tierschützer, immer Tierschützer. Diese Arbeit ist trotz all der Mühen sehr beglückend." Sie ist zuversichtlich, dass sich verantwortungsbewusste Nachfolger finden werden. "Wir arbeiten alle schon so lange zusammen, ich habe da schon wen im Auge." Auch den nächsten Vorständen wird es nicht langweilig werden, sagt Manschek. Der Hof soll gepflastert werden und die Anlage wird erweitert. Es sind noch Außengehege für Katzen und Kaninchen geplant, sowie Blockhütten mit Auslauf für Hunde.

© SZ vom 20.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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