Erding:"Wie schön war das früher im Bierteufel!"

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Bernhard Rötzer, Wirt im Gasthof zur Post, spricht über das heute fünf Jahre alte Nichtraucherschutzgesetz

interview Von Sebastian Fischer

SZ: Herr Rötzer, angenommen, Melanie Huml betritt heute Ihr Gasthaus zur Post in Erding: Schmeißen Sie Bayerns Gesundheitsministerin gleich wieder hinaus?

Bernhard Rötzer: Nein, da hätte ich momentan kein Problem mit. Warum?

2011 haben Sie dem ÖDP-Chef Sebastian Frankenberger Hausverbot erteilt, als der Ihr Lokal betrat. Denn Frankenberger war der Initiator des erfolgreichen Volksentscheids zum Nichtrauscherschutz. Nun darf seit auf den Tag genau fünf Jahren in bayerischen Gaststätten nicht mehr geraucht werden. Und Frau Huml sagt, das war ein wichtiges Signal.

Da muss ich Ihnen einen kleinen Unterschied erklären: Dem Herrn Wichtigmacher ging es nur darum, sich zu profilieren. Wir Wirte waren mit dem, was Herr Frankenberger angezettelt hat, in keiner Weise einverstanden.

Sie waren gegen den Nichtraucherschutz. Sind Sie das heute noch immer?

Es war übertrieben. Da wurde das Bad mit dem Kinde ausgeschüttet. Es hätte nicht sein müssen. Man hätte den Wirten mehr Freiheit lassen können. In anderen Ländern darf man nicht einmal mehr im Garten rauchen. Die Hysterie wird so weit reichen, dass wir das in ein paar Jahren auch nicht mehr dürfen.

Die Gesundheitsministerin sagt, sie gehe davon aus, dass durch das Nichtraucherschutzgesetz zahlreiche Fälle von Herzinfarkten in Bayern verhindert worden sind.

Ach Gott, ach Gott, ach Gott. Ich weiß es nicht. Statistiken . . . Ich gebe da nicht viel drauf, muss ich sagen.

Aber gesund ist es nun erwiesenermaßen nicht.

Na klar. Dass Raucher ein Gesundheitsrisiko eingehen, darüber brauchen wir nicht reden.

Wieso ist Ihnen das Rauchen dann so wichtig?

Ich selbst bin ein mäßiger Raucher. Aber die Kneipenkultur geht verloren. Ich war kürzlich in Österreich und habe mich mit einem Barkeeper unterhalten - der hatte nichts zu tun! In Österreich haben sie das ja auch ( Seit 1. Januar 2009 darf in österreichischen Gaststätten nicht mehr geraucht werden, Anm.). Kein Mensch sitzt mehr um elf Uhr an der Bar, die früher voll war. Ich selbst gehe auch weniger in die Kneipe, es macht nicht mehr so viel Spaß.

Dafür fühlen sich die Nichtraucher aber vielleicht ja wohler?

Wie schön das war, als es früher den Bierteufel noch gab! Mein Gott, da ist um die Theke herum der Rauch aufgestiegen, und da saßen nicht nur die Raucher. Neulich waren wir in Hamburg in der Ritze, der berühmten Kneipe. Da ist geraucht worden, es war voll und ich fand's toll. Da hängt die Patina der letzten 40 Jahre an der Wand. In Bayern gibt es solche Kneipen gar nicht mehr, hier wird zu viel renoviert und aufgestylt.

Kulturelle Veränderungen sind das eine, wirtschaftliche Konsequenzen wegen des Nichtraucherschutzes das andere.

Bei uns ist das nicht so, wir sind ja ein Speiserestaurant. Rauchen war schon vorher nicht erlaubt. Mir ist es damals beim Frankenberger um die anderen gegangen. Das hat für viele Kollegen massive Einbuße bedeutet.

Ist das Rauchverbot in Gesprächen mit Kollegen noch oft Thema?

Man findet sich mit allem ab. Wenn's passiert, dann wird geschimpft, egal was es ist. Und dann ist es irgendwann gegessen. Damals, beim Frankenberger, habe ich das gemacht, was die Leute von mir erwartet haben.

Hat bei Ihnen eigentlich noch jemand Hausverbot?

Ja, ein Rechtsanwalt.

Ach?

Der hat mir mal bei einer Doppelreservierung einen Prozess angehängt. Er ging in ein anderes Lokal, aß dort Kalbsgeschnetzeltes und schickte mir die Rechnung.

Wie ging der Streit aus?

Wir haben uns auf einen Vergleich geeinigt. Noch im Gerichtssaal habe ich das Lokalverbot ausgesprochen.

Sebastian Frankenberger ist inzwischen kein Politiker mehr. Würden Sie sich mit ihm versöhnen? Bei einer Zigarette?

Ja, vielleicht raucht er ja sogar. Ich hätte kein Problem damit.

© SZ vom 04.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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