Erding:Warteraum Asyl außer Betrieb

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Das Flüchtlingscamp am Fliegerhorst geht in den Stand-by-Modus. Der Vertrag mit dem Roten Kreuz ist gekündigt. Die letzten Bamf-Mitarbeiter werden abgezogen. Das Areal wird wieder von der Bundeswehr eingezäunt und bewacht

Von Florian Tempel, Erding

Der Betrieb des Warteraum Asyl am Erdinger Fliegerhorst wird zum Jahresende eingestellt. Der Vertrag mit dem Deutschen Roten Kreuz ist zum 31. Dezember gekündigt, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums mit. Die wenigen in Erding noch tätigen Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) werden "nach jetzigem Stand zum gleichen Zeitpunkt" in die Bamf-Außenstelle in München versetzt. Das seit Herbst 2015 vom Fliegerhorstgelände abgetrennte Areal des Warteraums wird wieder in das Bundeswehrgelände integriert. "Die Bundeswehr wird die Liegenschaft wieder in den militärischen Sicherheitsbereich einzäunen und die Bewachung übernehmen", heißt es aus dem Bundesinnenministerium. Der Warteraum werde aber nicht abgebaut, sondern "in den Stand-by-Modus" versetzt. "Die Infrastruktur bleibt für einen möglichen Hochlauf zum größten Teil bestehen", heißt es weiter, im Bedarfsfall soll der Warteraum "innerhalb von 48 Stunden reaktiviert werden können".

Der Warteraum Asyl verfügt über mehr als 3000 Schlafplätze in alten Flugzeugunterständen und neuen Leichtbauhallen. Für so viele Menschen sind auch die Infrastruktur zur Versorgung und die sanitären Einrichtungen ausgerichtet. Dazu gibt es Dutzende Bürocontainer für die Registrierung und Verwaltung. Alles ist nur für eine vorübergehende Unterbringung von Menschen eingerichtet. Nachdem das Camp im Herbst 2015 in großer Eile errichtet worden war, durchliefen es bis zum Frühjahr 2016 fast 100 000 Flüchtlinge. Alle blieben nur kurz im Warteraum.

Zahlreiche Minister kamen nach Erding, auch die damalige Verteidigungsministerin von der Leyen. (Foto: Renate Schmidt)

Da der Warteraum stets ein offenes Auffang- und Durchgangslager war, machten sich viele Flüchtlinge damals auf eigene Faust von Erding aus auf den Weg. In Windeseile wurden deshalb ein Fußweg zur B 388 angelegt und eine Brücke über die Bundesstraße errichtet. Der gesamte Fußweg bis nach Erding wurde mit Straßenlaternen beleuchtet. Noch heute weisen gelbe Schilder am Fuß- und Radweg neben der B 388 auf Deutsch, Englisch, Französisch und Arabisch den Weg zum S-Bahnhof in Erding. Als Anfang 2016 auf der sogenannten Balkanroute die Grenzen dicht gemacht wurden, war im Warteraum Erding schnell nichts mehr los. "Die vorübergehende Unterbringung zahlreicher Asylsuchender wäre ohne spezielle und neue Einrichtungen objektiv unmöglich gewesen", heißt es rückblickend aus dem Bundesinnenministerium.

Im Herbst 2016 kamen dann wieder Flüchtlinge, wenn auch viel weniger als zuvor. Über ein sogenanntes Relocation-Programm wurden nun vorab ausgesuchte Flüchtlinge, die in Italien und Griechenland gestrandet waren, per Charterflug nach München geflogen, wo sie noch auf dem Rollfeld in Busse umstiegen, die sie in den Warteraum Erding brachten. Erst hier fand offiziell ihre Einreise nach Deutschland statt, mit einer Registrierung und umgehenden Weiterverteilung. Bis Ende März 2018 kamen so insgesamt etwa 11 500 Relocation-Flüchtlinge über Erding nach Deutschland. Die allermeisten hielten sich weniger als 24 Stunden im Warteraum auf. Vom Herbst 2018 an wurde der Fliegerhorst in ähnlicher Weise für Familienzusammenführungen genutzt.

© SZ vom 18.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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