Erding:Vorbestrafter Angeklagter muss ins Gefängnis

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Flüchtlinge sollen in Erdinger Unterkunft einen Landsmann verprügelt haben. Die Verteidiger kündigen Berufung an

Von Florian Tempel, Erding

Im Prozess gegen vier Flüchtlinge aus Afghanistan, die im Februar 2015 in einer Erdinger Unterkunft einen Landsmann verprügelt haben, sind nach fünf Verhandlungstagen am Amtsgericht Erding die Urteile gesprochen worden. Drei der Angeklagten im Alter von 20 bis 25 Jahren erhielten wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung Bewährungsstrafen zwischen neun und elf Monaten. Ein wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestrafter Angeklagter, der bereits in Haft saß, wurde unter Einberechnung des ersten Urteils zu einem Jahr und sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.

Der Fall hatte eine Vorgeschichte: Am Tag zuvor hatten sich das spätere Opfer und der Haupttäter nach einem Streit geprügelt. Am folgenden Morgen rückte der eine beim anderen mit Verstärkung von drei Freunden an. Die Mitläufer sagten, sie seien nur mitgegangen, um den Streit schlichten zu helfen. Einer behauptete, er sei nur dabei gewesen, um beim Aufräumen des Zimmers zu helfen, das nach der ersten Schlägerei in Unordnung geraten sei. Zugeschlagen hätten sie nicht. Das habe allein der Haupttäter getan. Der stellte das ebenfalls so dar. Er behauptete jedoch auch, das Opfer habe ihn provoziert.

Der Verprügelte sagte hingegen aus, er sei von der Gruppe regelrecht überfallen worden, als er noch schlafend im Bett gelegen habe. Sie hätten ihn festgehalten und gemeinsam auf ihn eingeprügelt. Schließlich sei er so heftig gegen eine Glastür gestoßen worden, dass diese zersplitterte und er sich Schnittwunden zuzog. Selbst dann hätten die Angreifer nicht von ihm abgelassen und ihn weiter verprügelt. Seine Angaben wurden von einem weiteren Flüchtling gestützt, der im Nebenzimmer hinter der Glastür geschlafen hatte. Er gab an, gesehen zu haben, wie die Gruppe auf das Opfer einschlug. Er lief daraufhin los, um Hilfe zu holen. Als er zum Tatort zurückkehrte, sei er beim Anblick der Scherben und des Blutes am Boden kollabiert. Das Opfer und der Zeuge kamen beide ins Krankenhaus.

Die Verteidiger zogen die Darstellung des Opfers und des Zeugen in Zweifel. Es sei gar nicht möglich, dass sich alle vier Angeklagten und das Opfer gleichzeitig in dem eng möblierten, kleinen Zimmer aufgehalten hätten. Der Verteidiger des Haupttäters, der Landshuter Rechtsanwalt Hubertus Werner, stellte zudem einen Befangenheitsantrag gegen den Richter, da dieser Mitverfasser eines Flugblattes war, in dem die Einrichtung einer Asylunterkunft in seiner Nachbarschaft kritisiert wurde. Der Befangenheitsantrag wurde abgelehnt. Rechtsanwalt Werner beklagte außerdem, dass ein psychiatrisches Gutachten über seinen Mandanten nicht ordentlich erstellt worden sei. Das Gericht wies auch dieses Beschwerde zurück. Werner erhob nach der Verhandlung schwere Vorwürfe: "Hier ist kein ordnungsgemäßer Prozess gelaufen."

Die Verteidiger der Mittäter plädierten alle auf Freispruch für ihre Mandanten, Rechtsanwalt Werner forderte für den von ihm vertretenen Haupttäter maximal eine Geldstrafe wegen einer einfachen Körperverletzung. Das Gericht orientierte sich hingegen genau an den Strafanträgen der Staatsanwältin. Die Verteidiger kündigten an, gegen die Verurteilungen in Berufung zu gehen.

Nach der jüngsten Verschärfung der Gesetzeslage droht den Angeklagten nun auch, dass ihre noch laufenden Asylanträge abgelehnt und sie aus Deutschland ausgewiesen werden.

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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