Erding:Verdacht auf Psychose

Lesezeit: 2 min

Der Mann, der im März eine Mitarbeiterin des Jobcenters mit einem Messer bedroht hat, steht wegen Marihuana-Anbau vor Gericht. Doch die Frage der Schuldfähigkeit ist noch nicht geklärt

Von Thomas Daller, Erding

Ein 27-jähriger Erdinger hat am 20. März dieses Jahres im Jobcenter Aruso eine Mitarbeiterin mit einem Messer bedroht, bevor er von der Polizei festgenommen werden konnte. Seither befindet er sich in der geschlossenen Abteilung im Isar-Amper-Klinikum in Taufkirchen. Diese Woche hatte er einen Tag Freigang, weil er sich als Angeklagter vor dem Schöffengericht in Erding verantworten musste: Er hatte nämlich im vergangenen Jahr auch noch sieben Marihuanapflanzen auf seinem Balkon angebaut.

Sowohl der Cannabis-Anbau als auch der Vorfall im Jobcenter kamen in der Verhandlung zur Sprache. Der 27-Jährige kifft nach eigenen Angaben, seit er 15 ist. Er hat eine handwerkliche Ausbildung abgeschlossen und erhielt danach einen befristeten Arbeitsvertrag, der aber nicht verlängert wurde. Das sei der Auslöser für seine Depressionen gewesen, sagte er vor Gericht aus. Aufgrund dieser Depressionen sei er nicht mehr in der Lage gewesen, eine Arbeit anzunehmen. Ende des Jahres 2012 habe er sich deswegen in ärztliche Behandlung begeben: "Dort hat man mir eine Psychose unterstellt", so der Angeklagte.

Die Ärzte hätten ihm Medikamente verschrieben, die ihm "nicht gut getan" hätten. Er habe daraufhin eine andere Klinik aufgesucht, wo er andere Medikamente bekommen habe. Auch diese Medikamente habe er auf eigene Verantwortung wieder abgesetzt. Marihuana habe er aber weiterhin konsumiert, etwa ein Gramm am Tag. Weil er Schlafstörungen habe, wenn er nicht kiffe.

Bevor er im Jobcenter eine der Mitarbeiterinnen bedroht habe, habe er eine Woche lang mit dem Konsum ausgesetzt. "Ich war nicht gut drauf", schilderte er seine Stimmungslage. "Ich hatte eine Mitteilung bekommen, dass mir Hartz IV gekürzt wird und da habe ich vor lauter Wut nicht nachgedacht." Ein Polizeibeamter, der bei dem Einsatz im Jobcenter dabei und nun als Zeuge geladen war, schilderte ihn als "sehr aufgebracht im Jobcenter und bei der Festnahme". Erst auf der Dienststelle habe er sich beruhigt. Nun laufe ein Ermittlungsverfahren wegen der Bedrohung mit dem Messer, wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie einer Körperverletzung. Unmittelbar nach der Tat habe man mit Hilfe eines Arztes eine Blut- und Urinprobe genommen, um sie auf Drogenrückstände zu untersuchen. Das Ergebnis liege jedoch noch nicht vor. Der 27-Jährige sei wegen Fremdgefährdung anschließend nach dem Betreuungsrecht im Isar-Amper-Klinikum untergebracht worden, wo er sich bis dato noch aufhält. Dort wird er nach eigenen Aussagen mit Neuroleptika und Betablockern behandelt.

Auch der Vorwurf wegen des Anbaus von Marihuana gegen ihn wiegt schwer. Mehr als ein Pfund wurde bei ihm gefunden; nach Angaben der Vorsitzenden Richterin Yvonne Folk ist das mehr als das Dreifache der sogenannten "nicht geringen Menge". "Hier haben wir eine Mindeststrafe von einem Jahr", sagte Folk. Die sieben Pflanzen auf dem Balkon waren 1,5 Meter hoch. Eine Nachbarin hatte sie entdeckt und die Polizei verständigt. Als die Beamten seine Wohnung durchsuchten, sei der Angeklagte offensichtlich unter Drogeneinfluss gestanden, berichtete eine Polizeibeamtin, die dabei war und als Zeugin vernommen wurde. "Er hat gesagt, der Konsum beruhigt ihn." Ob im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung ebenfalls Blut- und Urinproben des Angeklagten veranlasst wurden, konnte sie nicht sagen.

Richterin Folk sagte, zuerst müsse die Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten geklärt werden. Ob er unter Drogeneinfluss gehandelt habe oder ob möglicherweise eine psychische Verhaltensstörung durch Cannabinoide vorliege. Per Beschluss setzte sie das Verfahren aus, bis ein psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt ist.

© SZ vom 24.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: