Erding:Ungeregelte Versorgung

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Die Nachfrage nach den Masken ist groß, aber das Verteilungssystem hat auch Schwächen. (Foto: Renate Schmidt)

Kostenlose Verteilung von FFP2-Masken läuft an

Von Michael Kienastl, Erding

Seit Dienstag können sich Menschen über 60 Jahren sowie chronisch Kranke FFP2-Masken in der Apotheke abholen - kostenlos. Vorzuzeigen ist nur der Personalausweis. Angesichts der hohen Infektionszahlen mit dem Coronavirus halten das viele für eine gute Sache. In den Apotheken in Erding herrschte am Dienstag allerdings Chaos und Unverständnis.

"Gefühlt jeder dritte Kunde fragt nach einer Maske", sagt Benedikt Friedel, Inhaber der Sempt-Apotheke, "bereits zehn Minuten vor Eröffnung waren die Ersten da". Dabei konnte er am Dienstag noch nicht mal welche anbieten: "Ich denke, dass wir genug bestellt haben. Leider hatten wir Pech. Unsere Lieferanten konnten heute noch nicht liefern. Es gibt einfach keine geregelte Versorgung, jede Apotheke ist auf sich allein gestellt - Chaos pur."

Andere haben bereits am späten Vormittag schon alle Masken ausgegeben. "Für vier Filialen haben wir insgesamt 30 000 Stück bestellt, die ersten 5000 waren nach wenigen Stunden weg", sagt Tobias Ochsner. Er leitet die Rathaus-, Sempt-, Riviera- und Johannesapotheke. Erst am Donnerstag komme wieder Nachschub. Ein Grund für den Ansturm ist aber auch: Niemand kann wirklich kontrollieren, ob Kunden "durch mehrere Apotheken hintereinander tingeln", sagt Ochsner. Er bediene deshalb vorzugsweise seine eigenen Kunden, um Missbrauch zu verhindern. "Ein System zur Verteilung gibt es nicht", sagt auch Astrid Widmann, Managerin der Apotheke im West Erding Park. Alleine am Dienstag werde sie und ihr Team vermutlich alle 2000 gelieferten Masken ausgeben. Insgesamt 6000 habe sie bestellt.

Dicke Luft herrscht zudem beim Thema Finanzierung. Das Bundesamt für Soziale Sicherung überweist zwar pauschal 491,4 Millionen Euro an den Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbands. Wie viel die einzelnen Apotheken bekommen, hängt aber davon ab, wie viel verschreibungspflichtige Medikamentenpackungen im vergangenen Quartal ausgeben wurden. "Dadurch soll geschätzt werden, wie viele Kunden die einzelne Apotheke hat", sagt Ochsner. Mit dieser Summe regelt jede Apotheke dann für sich selbst den Einkauf bei Lieferanten und die Ausgabe an die Kunden. Das Verfahren selbst wurde offenbar nicht richtig kommuniziert. "Wir haben noch kein Geld bekommen und wissen nicht, wo wir die Rechnungen hinschicken sollen", sagt Widmann. Für welchen Preis eingekauft wird und welche Mengen ausgegeben werden, wird nicht kontrolliert. "Das sind fast mafiöse Strukturen", ärgert sich Friedel, "die Lieferanten können die Preise nach oben treiben, und wie viele Masken ich an die Kunden gebe, ist irrelevant." Einig sind sich aber viele, dass das für den Januar geplante Bezugsscheinsystem gut funktionieren kann. Diese sollen im neuen Jahr an alle Berechtigten fälschungssichere Gutscheine für zwölf Masken pro Person per Post versenden.

© SZ vom 16.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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