Erding und seine Künstler:"Ganz respektable Profankunst"

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Porträtisten, Landschafts- und abstrahierende Maler: Die Erdinger Kunstszene im 19. und 20. Jahrhundert war und ist vielfältig. Volkskundler Albrecht Gribl bietet zu diesem Thema eine Museumsführung an

Von Regina Bluhme, Erding

Keine Gotik, kein Barock, keine Kirchenkunst. Wenn Volkskundler Albrecht Gribl am Montag, 27. Juni, im Museum Erding über Künstler aus dem Landkreis spricht, dann geht es um Werke des 19. und 20. Jahrhunderts, um Landschaftsmaler, um Schmuckkünstler und Bildhauer. Dabei berichtet Gribl auch über die zum Teil detektivische Kleinarbeit, die es brauchte, um an die unbefristeten Leihgaben zu gelangen.

"Ich möchte herausheben, dass der Landkreis Erding neben kirchlicher Kunst auch eine ganz respektable Profankunst aus dem 19. und 20. Jahrhundert hervorgebracht hat", betont Gribl im Gespräch mit der Erdinger SZ. Ein bisschen gebe es da "eine Schieflage" in der öffentlichen Wahrnehmung, die wolle er mit der Veranstaltung "wieder senkrecht stellen." Es geht auf Entdeckungstour zu einheimischen und zugereisten Künstlern, deren Werke in der Abteilung "Kunst & Künstler" im Museum Erding zu sehen sind.

"Die Bahn brachte einen unglaublichen Schwung und Schub", sagt Gribl. Mit der ersten Bahnlinie habe Erding in den 1870er Jahren den Anschluss nach München erhalten "und sich für die Welt geöffnet". Man kann auch sagen: Die Welt ist ins Erdinger Moos gekommen. Denn jetzt entdeckten Münchner Künstler und Professoren mit ihren Studenten den Landkreis. Moorlandschaften, Bauersleute, Sempt und Strogen wurden beliebte Motive. Die Liste der Künstler, die es mit Albrecht Gribl bei der Führung zu entdecken gibt, ist lang: Unter den Künstlern befand sich zum Beispiel auch Wilhelm von Diez. Was den bekannten Historienmaler von München nach Erding gelockt hat, darüber könne er nur spekulieren, berichtet Albrecht Gribl. Er vermutet, dass Diez mit einem hiesigen Adeligen befreundet war.

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(Foto: Renate Schmidt)

Ein junges Ausstellungsstück: Benno Hauber hat 1993 das Bild "Abtraktion" gemalt.

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(Foto: Renate Schmidt)

Viele Jahrzehnte früher, um 1925, hat Hiasl Maier ein Portrait von Max Oberhauser angefertigt.

Gribl wird auch über die Werke aus der kleinen Künstlerkolonie sprechen, die um 1900 von Malern und Bildhauern in Wartenberg gegründet worden ist. Ebenfalls ein Thema ist der Isener Künstler Max Heilmaier, dessen knapp 1,80 Meter Skulptur "Eirene" im Museum steht. Zu den bekannten und renommierten Künstlern gehören auch zwei Schmuckkünstlerfamilien, die seit 1920 in Dorfen gelebt hatten und sich "einen regelrechten Wettbewerb in der Granulierkunst lieferten", wie Gribl sagt. In Niederneuching wiederum hatte sich das Bildhauer-Ehepaar Munz/Munz-Natterer niedergelassen. Und dann sind da noch die Werke von Schiestl-Arding, Hiasl Maier, Franz-Xaver Stahl, Magda Bittner-Simmet und Benno Hauber. Viele Porträtisten darunter, viele Landschaftsmaler, aber auch ein Künstler wie Hauber, "der schon wild in die Farbkiste gegriffen und abstrakte Bilder gemalt hat", wie Gribl erklärt.

Der Volkskundler kann auch berichten, wie mühevoll es zum Teil gewesen ist, an die unbefristeten Leihgaben zu gelangen. Zunächst einmal habe er die einschlägige Literatur gewälzt, Stiftungen und Museen kontaktiert sowie nach Privatsammlern geforscht. "Zum Teil musste ich fast detektivisch vorgehen, um die Adressen herauszubekommen", berichtet er. Meistens hat sich die Mühe gelohnt. Bei Richard Engelmanns Erben allerdings hat Gribl auf Granit gebissen. Auf seine Anfrage hin habe er gleich ein geharnischtes Anwaltsschreiben erhalten, erinnert er sich. Per Zufall konnte er von einem Privatsammler doch noch eine kleine Skulptur Engelmanns für's Museum ergattern. Immerhin.

Während der Führung durch die Museumsabteilung wird sicher auch vor Max Heilmaiers überlebensgroßer Skulptur "Eirine" Station gemacht. Die Figur aus dem Jahr 1893 stand am dem alten Isener Rathaus. Nach 100 Jahren wurde ein Nachguss gefertigt. "Dafür wurde die Figur einfach in zwei Teile zerschnitten", sagt Gribl. Der Nachguss kam aufs Rathaus, die zwei Teile lagerten auf dem Boden des Isener Museums. Jetzt steht die Friedensgöttin im Original im Museum Erding.

Die Abendführung im Museum Erding mit Albrecht Gribl beginnt am Montag, 27. Juni, um 20 Uhr. Der Eintritt kostet fünf oder ermäßigt vier Euro.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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