Erding und der Hochwasserschutz:Unruhe in Altenerding

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Die Bürger im Süden der Kreisstadt fürchten negative Folgen für ihren Stadtteil - und sie beklagen sich, dass sie die Last für ganz Erding tragen müssen-

Von Antonia Steiger, Erding

Ganz alte Vorbehalte sind bei der Bürgerversammlung in Altenerding ans Tageslicht gekommen: dass die Altenerdinger ungerecht behandelt werden und dass sie eine viel zu hohe Last tragen müssen, damit es den Erdingern gut geht. Dieses Mal ging es um den Hochwasserschutz, neue Pläne sind erst vor wenigen Tagen öffentlich vorgestellt worden. Die Altenerdinger fürchten nicht nur, dass ein 30 Meter breites Dammbauwerk im Süden der Stadt errichtet wird. Sie befürchten auch, dass das Wasser in falsche Bahnen gelenkt wird: zu viel Wasser in den Aufhauser Graben und ins Altwasser. "Das kann nicht sein, das ist nicht akzeptabel", sagte Ortssprecher Georg Bichlmaier. OB Max Gotz (CSU) vertröstete die Kritiker auf den 11. November, wenn bei einer Informationsveranstaltung Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes Rede und Antwort stehen müssen. Und er betonte, dass die Lasten für den Hochwasserschutz alle gemeinsam zu tragen hätten.

Ganz grundsätzlich herrscht jedoch Einverständnis mit der Stadtpolitik, Gotz bekam sogar das eine oder andere Lob für seine Arbeit. Zuvor hatte der OB in einem mehr als eineinhalb Stunden dauernden Referat die Stadtpolitik erläutert, die finanziellen Voraussetzungen, Planungen und Zwänge, wie die Untätigkeit des Eisenbahnbundesamtes, das Gotz zufolge seit einem Eindreivierteljahr prüft, ob die Unterlagen für einen Start ins Planfeststellungsverfahren für den Ringschlussabschnitt durchs Stadtgebiet gut genug seien. "Der Bürger bekommt den Eindruck, dass es nicht voran geht." Der Stadtrat habe seine Hausaufgaben jedoch gemacht, er selbst werde weiter Druck machen.

Altenerding gehört zu Erding, und zwar seit 1978. Doch jetzt macht sich in dem Ortsteil das Gefühl breit, man müsse eine höhere Belastung tragen, damit es den Erdingern gut gehe. (Foto: Renate Schmidt)

Auch den Hochwasserschutz hatte Gotz in seiner Rede aufgegriffen und gesagt, die Spielräume seien "nicht sehr groß". Zum einen plant das Wasserwirtschaftsamt im Auftrag des Freistaates Bayern einen verbesserten Hochwasserschutz für Sempt und Fehlbach, die aufgrund ihrer überregionalen Bedeutung als Gewässer zweiter Ordnung in die Zuständigkeit des Freistaates fallen. Hier ist ein Damm bei Niederwörth im Gespräch, aber auch ein sogenannter linearer Ausbau der Flüsse, was nichts anderes heißt, als dass Mauern gebaut werden, damit die Flüsse nicht über die Ufer treten, und eine dritte Variante mit kleineren Rückhaltebecken im Oberlauf der Sempt, die aber Gotz zufolge nicht die Kapazität haben können, die zu erwartenden Wassermassen im Hochwasserfalle aufzunehmen. Ein linearer Ausbau mit Mauern "wird mit mir nicht zu machen sein", sagte Gotz. Dies würde nicht nur die Stadt "verunstalten", sondern auch die "Gefahr nach Norden verlagern", also in Richtung der flussabwärts gelegenen Ortsteile wie Langengeisling und Eichenkofen und Gemeinden wie Eitting und Berglern. Ein Damm bei Niederwörth könne eine "effiziente Lösung" sein.

Im Gegensatz zu Sempt und Fehlbach sind aber die Gräben, die auch schon übergelaufen sind, Sache der Stadt Erding, Und hier steht Gotz Ärger ins Haus: Schon im Ausschuss bei der ersten Präsentation kam Kritik auf an den Plänen, Wasser aus den Gräben in die Sempt zu leiten sowie an der Aussage des Planungsbüros, dass dies der Sempt gar nichts ausmache. Denn Hochwasserscheitelpunkte seien grundsätzlich nie gleichzeitig in den Gräben und in der Sempt. In Altenerding ploppte deutliche Kritik an diesen Plänen auf. Peter Badmann sagte, die Idee, das Wasser vom Wiesengraben in den Aufhauser Graben umlenken zu wollen, sei für ihn "sehr überraschend". Er könne sich das nicht vorstellen, eigentlich sei dies die "falsche Richtung". Die Austraße in Altenerding brauche Hochwasserschutz, "aber nicht einen solchen", sagte Josef Stimmer. Er kritisierte, dass für den Neuhauser Graben ein 35 Meter breiter Damm gebaut werden müsse. Stattdessen hätte man die bestehenden Rohre säubern müssen, das hätte genügt.

Oberbürgermeister Max Gotz: Hochwasserschutz geht alle an. (Foto: Stephan Görlich)

Auch zur Semptbrücke an der Petersbergstraße äußerte sich Gotz: Sie wurde abgerissen, weil sich dort das Wasser gestaut und so die Hochwassergefahr verschärft hatte, die Altenerdinger hätten sie aber gerne wieder. Gotz zitierte aus Protokollen aus den 1980er Jahren, als noch nicht einmal er selbst im Stadtrat saß. Demzufolge erkannte man damals schon, dass die Brücke zu niedrig über dem Gewässer hing und dass von ihr Hochwassergefahr ausgegangen war. Die Stadt ließ die Brücke sanieren - aber ohne Genehmigung. Einzig der SPD-Stadtrat Krillmayer hätte damals dagegen gestimmt. Gotz bat um Vertrauen in die Politik. Die Brücke jetzt aufzubauen, wäre "Humbug". Zuvor müsse der Hochwasserschutz stehen.

Außerdem warb Gotz für den Plan, an der Sigwolfstraße ein Gewerbegebiet zu gründen. Andernfalls drohe Erding eine Entwicklung zu verschlafen, denn alle Gemeinden im Umkreis entwickelten Gewerbegebiete, um Arbeitsplätze am Ort zu halten. Wohnen sei in Erding das wichtigste Thema, aber um den Wohlstand der Stadt zu sichern, sei eine Weiterentwicklung als Gewerbestandort unerlässlich.

© SZ vom 26.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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