Erding:SPD fordert Solidarität

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Viele Helfer empfangen die Flüchtlinge in Erding herzlich (Foto: Renate Schmidt)

Erdinger Ortsverein stellt die Frage des Umgangs mit Flüchtlingen in den Mittelpunkt seiner Versammlung. Ehrenamtliche Helfer beschreiben Zusammenarbeit im Warteraum Asyl als "sensationell gut"

Von Philipp Schmitt, Erding

Die Flüchtlingspolitik und ihre Herausforderungen sind im Mittelpunkt der Mitgliederversammlung des Erdinger SPD-Ortsvereins am Mittwoch im Gasthaus Mayr-Wirt gestanden. "Wir haben in Erding eigentlich einen Katastropheneinsatz. Wir fordern Solidarität und Mitmenschlichkeit", sagte der Ortsvorsitzende Horst Schmidt zur Lage im Fliegerhorst, wo dem Dritten Bürgermeister Hans Schmidmayer zufolge am Wochenende die Kapazitäten wohl ausgeschöpft werden müssen.

Weil viele der Hilfe suchenden Menschen von Krieg und Flucht gezeichnet seien, müssten die Kapazitäten im Klinikum und an den Krankenhäusern in Landshut und München und bei den Hilfsorganisationen hoch gefahren werden. Die First-Responder-Teams der Feuerwehren seien bereits am Limit, dies dürfe "nicht auf Kosten der Bevölkerung gehen", sagte Schmidmayer, der auch Feuerwehrreferent ist. Handlungsbedarf sah Schmidmayer auch im Umfeld des Fliegerhorstes: An der B388 müsse eine Brücke gebaut werden. Gruppen von Flüchtlingen gingen dort spazieren und hielten Autos an, weil sie eine Mitfahrgelegenheit suchen. Als problematisch sah Schmidmayer die steigende Zahl von Kindern und Jugendlichen an, die alleine nach Erding gelangten. Es sei unklar, ob sie weiter reisen dürften oder im Landkreis bleiben müssten. Falls sie bleiben müssten, müsse der Landkreis vom Bund Geld erhalten. "Es handelt sich schließlich um eine Einrichtung des Bundes." Schmidmayer würdigte die Arbeit der ehren- und hauptamtlichen Helfer im Warteraum Asyl, dies verdiene Respekt.

Auch der stellvertretende SPD-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer würdigte die "Pionierleistung" der Helfer und Behörden. Die Herausforderungen seien enorm, es gebe "ein Sammelsurium an ungelösten Fragen". Er könne die Ängste vieler Bürger verstehen und habe selbst Bedenken, weil die Flüchtlingsströme in den nächsten Jahren nicht abebben würden, sagte Schurer. Derzeit strömten innerhalb von 14 Tagen so viele Menschen nach Bayern, wie der Landkreis Einwohner hat. Keiner wisse, wie es weiter gehe. Aber Ängste zu schüren, sei nicht die Lösung. "Die Situation ist hoch kompliziert", auch weil ein gemeinsamer Konsens in der EU fehle. "Die Krise kann aber nur bewältigt werden, wenn alle zusammen halten."

Mit Jutta Harrer stimmte Schurer überein, dass die SPD am Grundrecht Asyl nicht rütteln solle und der unter Druck geratene Bundeskanzlerin Angela Merkel Rückendeckung geben sollte. Schurer räumte ein, dass durch die Flüchtlingswelle eine gewaltige Kostenlawine auf Deutschland zu rollt, die "schwarze Null" werde 2016 nicht zu halten sein. Im Gegenteil, wegen Wohnungsbauprogrammen, Sondermittel für die Jobcenter und Bildungsmaßnahmen müssten Schulden aufgenommen und über Steuererhöhungen und eine Vermögenssteuer müsse diskutiert werden. Das neue Asylgesetz sei hochproblematisch, sagte Schurer. Doch die Asylverfahren müssten effizienter werden, wobei die geplante striktere Abschiebung von nicht anerkannten Asylbewerbern nach der Duldungsphase zu "menschlicher Härte" führen werde, die aber erforderlich sei, um die Herausforderung für diejenigen, die bleiben dürfen, bewältigen zu können.

Martin Orthuber von der Flüchtlingshilfe Erding beschrieb die Lage in der Warteschleife als geordnet, die Zusammenarbeit der Helfer sei "sensationell gut", die Flüchtlinge würden bisher nur einen Tag in Erding bleiben, von Chaos könne keine Rede sein. Spannungen im Camp habe er bisher nicht gespürt: "Wir müssen aber Ängste der Hilfe suchenden Menschen abbauen, die sich vor einem Militärgebäude wie in Erding oft fürchten", sagte er. Es dürfe kein "Schreckgespenst" in Zusammenhang mit den angeblich 500 nicht registrierten Flüchtlingen an die Wand gemalt werden. Diese Menschen seien wohl auf dem Weg zu bekannten in Deutschland oder Schweden. Orthuber forderte auch, dass man einen Pendelbus zwischen Zentrum und Fliegerhorst einrichten solle: "Es sind ja keine Kriminelle, sondern Hilfesuchende, die auch Geld haben, um etwas zu kaufen." Derzeit arbeiten am Fliegerhorst bis zu fünfzig ehrenamtliche Helfer über den Tag verteilt. Horst Schmidt kündigte an, dass er einen Pendelbus als kurzfristige Lösung fordern werde. Der stellvertretende Ortsvorsitzende Willi Scheib teilte mit, dass sich das Jobcenter Erding bereits auf eine Welle Arbeit suchender Flüchtlinge einstelle und dafür 2016 Zuschüsse erhält.

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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