Erding:"So kann es nicht weiter gehen"

Lesezeit: 2 min

Bauernverband sieht Landwirte durch Preisverfall, Flächenverbrauch und bürokratische Auflagen in ihrer Existenz bedroht

Von Philipp Schmitt, Erding

Die Landwirte im Landkreis stehen aufgrund der Dürre nach der Hitzewelle und des Preisverfalls bei Milch und Fleisch erheblich unter Druck. Der Bauernverband (BBV) hat am Dienstag auf dem Siglfinger Bauernhof der Familie Meier zu einer Protestveranstaltung geladen, um auf die Probleme durch den sinkenden Milch- und Schweinefleischpreis sowie durch steigende bürokratische Auflagen hinzuweisen. "So kann es nicht weiter gehen, wir müssen dem Preisdumping etwas entgegen setzen", sagte BBV-Kreisobmann Hans Schwimmer, "unsere Lebensmittel dürfen nicht zur Ramschware werden".

Der Bauernverband hat am Dienstag bayernweit bei 40 Aktionen gegen "die irrsinnigen Schleuderpreise im Supermarkt" protestiert. "Die Ernte fällt schmal aus und die Preise für Fleisch und Milch sind sehr schlecht", klagte Schwimmer. Der CSU-Kreisrat forderte die Verbraucher auf, die heimischen Landwirte besser zu unterstützen. Der Verdrängungswettbewerb dürfe nicht auf den Rücken der Landwirte ausgetragen werden. Sonst werde sich der Strukturwandel rasant beschleunigen. Die aktuelle Situation beim Milchpreis sei für viele Betriebe existenzbedrohend. Lediglich beim bereits geernteten Getreide seien die Preise stabil. Die Maisbestände und die Kartoffelernte seien hingegen von der extremen Hitze der vergangenen Wochen stark beeinträchtigt.

Die im Landkreis noch etwas mehr als 2000 landwirtschaftlichen Betriebe seien enormen Herausforderungen ausgesetzt, sagte Schwimmer: "Einen verschärften Strukturwandel in der für Erding wichtigen Landwirtschaft kann sich der Landkreis aber nicht leisten." Schwimmer fordert die zuständigen Landes- und Bundespolitiker zu mehr Engagement für die Landwirtschaft auf. Auch von Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf (CSU) forderte er mehr Unterstützung für die Erdinger Bauern als bislang. BBV-Kreisgeschäftsführer Gerhard Stock mahnte: "Die Anforderungen an die Landwirtschaft steigen wegen der hohen Standards, das kann aber nicht zum billigsten Preis funktionieren, da muss sich schnell was ändern."

"Die Situation der Milchbauern ist extrem schwierig und hat sich seit 2014 deutlich verschlechtert, denn neben den schlechten Milchpreis treiben auch neue Vorschriften viele Landwirte in eine Kostenfalle", klagte Simon Selmeir, Vorsitzender der Molkereigenossenschaft Erding. Seit November 2014 hätten in Deutschland 1700 Betriebe aufgegeben, vor allem aufgrund des gefallenen Milchpreises. Auch im Landkreis steige die Zahl der Betriebe, die vom Markt verschwinden, fügte Korbinian Empl von der Taufkirchener Milcherzeugergenossenschaft an. Der Grund für den gefallen Milchpreis hat derzeit viele Gründe: Die aggressive Einkaufsstrategien der Lebensmitteldiscounter; Russland darf wegen des Ukraine-Konflikt-Embargos keine Milch mehr aus der EU kaufen; und die Nachfrage aus China ist wegen der dortigen Krise eingebrochen.

Der stellvertretende BBV-Kreisobmann Jakob Maier wies auf die steigenden Pachtpreise und die Flächenknappheit hin. Im boomenden Landkreis Erding sei die Lage für Landwirte deshalb besonders schwierig. Landwirtschaftliche Flächen verschwänden durch neue Wohn- und Gewerbegebiete, durch große Infrastrukturprojekten wie die Erdinger Nordumfahrung, die A 94 und den Bahnausbau sowie durch ökologische Ausgleichsflächen. Auch Helene Lohmaier, Lore Hermannsdorfer und Irmgard Posch vom BBV-Kreisvorstand bewerteten die aktuelle Situation als "angespannt und kritisch".

Die 26-jährige Sabine Meier und der 26-jährige Anton Lohmaier berichteten von den Sorgen junger Landwirte, die die elterlichen Betriebe fortführen wollten - "wir jungen Landwirte brauchen dazu aber mehr Sicherheit".

© SZ vom 19.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: