Erding:Schwer zugänglich

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Als das Leichenhaus auf dem Friedhof St. Paul gebaut wurde, hat keiner an Barrierefreiheit gedacht. Bauliche Veränderungen sind schwierig und die Platzverhältnisse beengt. (Foto: Renate Schmidt)

Das Leichenhaus in St. Paul ist nicht barrierefrei, das muss sich eigentlich ändern. Doch die Suche nach einer Lösung ist schwierig - zudem wird die Halle seltener als früher benötigt

Von Philipp Schmitt, Erding

Der Friedhof Sankt Paul ist ein beschaulicher Ort. In der Nähe der Kirche zeugt das klassizistische Leichenhaus von der langen Geschichte des prominenten Erdinger Gottesackers. Am Dienstag hat sich der Planungs- und Bauausschuss mit einem barrierefreien Zugang zum Leichenhaus beschäftigt - mit vorläufig unklarem Ergebnis. Es liegen mehrere Varianten vor. Dazu kommt: Der Zeitgeist bei der Beerdigungskultur hat sich geändert. Früher waren die Toten tagelang in der Aussegnungshalle aufgebahrt, heute sind die Leichname dem Kirchenpfleger und CSU-Stadtrat Günther Adelsberger zufolge bei Erdbestattungen meist nur noch einen Tag im Leichenhaus. Die Auslastung sinkt noch aus einem weiteren Grund: Die Zahl der Feuerbestattungen ist in Erding auf 70 Prozent gestiegen. Bei Urnenbegräbnissen spielt das Leichenhaus keine große Rolle.

"Der Trend geht klar zum Urnenbegräbnis", sagte Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) in der Ausschusssitzung, als es um einen barrierefreien Zugang zur Aussegnungshalle ging. Mögliche Maßnahmen wie Aufzug, Rampe oder eine Öffnung des hinteren Bereichs wurden angesprochen. Weitere Planungen sollen nun in enger Abstimmung mit der Pfarrei erfolgen, denn der Kirche gehört das Grundstück, auf dem das Leichenhaus steht. "Wir werden nicht über die Köpfe der Pfarrei hinweg entscheiden", sagte Gotz. Er und Mitarbeiter der Stadtverwaltung würden mit der Kirchenverwaltung die weitere Vorgehensweise besprechen.

"Es ist richtig, zunächst zu reden und von Baumaßnahmen abzusehen, die nicht gebraucht werden", sagte Adelsberger. Von einem von Stadtbaumeister Sebastian Henrich beschriebenen und für den Außenbereich geeigneten 15000 Euro teuren Plattformlift zeigte sich Adelsberger nicht begeistert. Und auch nicht von einer barrierefreien Zugangsrampe im Süden des Leichenhauses. Stadtrat Herbert Maier von den Grünen hatte eine relativ steile und dadurch kürzere Rampe im Süden des Leichenhauses ins Gespräch gebracht. "Das wäre viel zu gefährlich, weil eine Stolperschwelle entstehen und das Unfallrisiko wachsen würde, vor allem wenn zum Beispiel Allerheiligen viele Leute auf dem Friedhof sind. Solche Gefahren müssen wir vermeiden", sagte der Kirchenpfleger. Eine auch für Rollstuhlfahrer gerechte Zugangsrampe an anderer Stelle könne aber diskutiert werden, hieß es.

Stadträtin Jutta Harrer (SPD) wies darauf hin, dass ein barrierefreier Umbau des Leichenhauses wichtig sei, um allen Angehörigen die Möglichkeit des letzten Abschiednehmens zu geben. Gotz fügte an, dass bei der Diskussion um barrierefreie Rampen die beengten Verhältnisse rund um das Leichenhaus zu berücksichtigen seien. Ein direkt am Haus vorbei führender Weg solle nicht wegen einer Rampe in Frage gestellt werden. Weil aber auf der Rückseite des Hauses lediglich ein Brunnen und Hecken stünden, könne über eine Öffnung der hinteren Wand für einen barrierefreien Zugang nachgedacht werden, sagte der OB. Es müsse auch an die Sicherheit der Sargträger zum Beispiel bei regnerischem Wetter gedacht werden, die barrierefrei, ohne Stolperfallen und ohne auszurutschen in die Aussegnungshalle gelangen müssten.

Problemen mit dem Denkmalschutz des historischen Leichenhauses sieht Gotz im Hinblick auf künftige Umbaumaßnahmen gelassen entgegen: "Wenn es um die Barrierefreiheit und die Menschen geht, hat das für mich Vorrang vor dem Denkmalschutz." Die einzelnen Varianten sollen nun in Gesprächen mit Fachleuten und Vertretern der Kirchenverwaltung rasch weiter entwickelt werden, teilte der Oberbürgermeister mit.

© SZ vom 15.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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