Erding:"Schulter, Kopfnuss, Blumentopf"

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Der letzte Gast an einer Poolbar der Therme dreht bei Betriebsende durch und greift schwer betrunken einen Mitarbeiter an

Von Thomas daller, Erding

Er war der letzte Gast an der Poolbar im Saunabereich der Therme - und völlig betrunken. Als ihn das Reinigungspersonal am 3. Februar dieses Jahres gegen 23 Uhr hinaus komplimentieren wollte, weil die Therme schließe, drehte er völlig durch und griff einen Thermen-Mitarbeiter an. Selbst die beiden Polizisten, die zu Hilfe kamen, forderten Verstärkung an, weil er wie ein Berserker wütete. Nun wurde er am Amtsgericht Erding zu vier Monaten Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung verurteilt, weil er noch dazu unter offener Bewährung gehandelt habe.

"Schulter, Kopfnuss, Blumentopf", fasste der Thermenmitarbeiter kurz und prägnant die Reihenfolge des Angriffs zusammen. Der 30-jährige Gast hatte ihn gegen die Schultern geschubst, dann versucht, ihm eine Kopfnuss zu verpassen, der er weitestgehend ausweichen konnte und beim Ausweichmanöver war er rückwärts gegen einen Blumentopf gefallen. Dabei hatte er nur freundlich "Servus, gute Nacht" zu ihm gesagt. Der betrunkene Gast hatte ihn wohl mit einem seiner Kollegen verwechselt, mit dem er wenige Minute zuvor eine Auseinandersetzung hatte. Dabei sei er schon als renitent aufgefallen, als man ihm gesagt habe, die Therme schließe nun und er solle die Poolbar verlassen. Laut Zeugenaussagen soll er die Mitarbeiter beschimpft, beleidigt und bedroht haben. Als er sich schließlich dazu bequemt hatte, aus dem Pool herauszukommen, habe er am Boden stehende Gläser und Aschenbecher weggekickt, woraufhin es zu einer ersten Rangelei mit dem Personal kam. Als er die Therme schließlich in Richtung Ausgang verließ, lief ihm der bereits genannte Thermen-Mitarbeiter über den Weg und der 30-Jährige setzte sofort zum Angriff an. Drei Thermen-Mitarbeiter hatten alle Mühe, ihn schließlich am Boden festzuhalten; vier Polizisten waren erforderlich, um ihn in die Ausnüchterungszelle der Polizeiinspektion zu bringen. Auf einen Alkotest verzichtete die Polizei, um weitere Komplikationen zu vermeiden. Sie informierten lediglich die Freundin des Gastes, die im Thermenhotel nächtigte. Sie holte ihn dann am nächsten Morgen bei der Polizei ab.

Vor Gericht sagte der Angeklagte aus, er habe mit seiner Freundin am Tattag gegen Mittag im Hotel eingecheckt, dann seien sie an die Poolbar im Saunabereich gegangen und hätten Cocktails und Longdrinks getrunken. Viele Cocktails und Longdrinks, sehr viele. Eigentlich hatten sie sonst gar kein Angebot der Therme genutzt, sondern nur getrunken. Das letzte, woran sich der Angeklagte erinnern konnte war, dass er am späten Nachmittag Zigaretten aus seinem Hotelzimmer holte, weil man an der Bar im Außenbereich rauchen durfte. Seine Freundin hatte sich auch irgendwann ins Hotelzimmer verabschiedet, weil ihr übel gewesen sei. Danach: Filmriss; er erinnere sich erst wieder, dass er nackt in einer Zelle aufgewacht sei.

"Trinken Sie immer so viel?", erkundigte sich Richterin Sabine Schmaunz. Ja, er habe ein Alkoholproblem, gab er zu. Er trinke täglich zwei bis zweieinhalb Flaschen Wodka. Damit habe er erst vor drei Wochen aufgehört. Damals habe es einen "Vorfall" in der Kneipe gegeben, die er betreibt. Offenbar hatte er im Vollrausch mit Suizid gedroht und war von der Polizei in die Psychiatrie gebracht worden. Dort hatten ihn die Ärzte wohl überzeugt, dass er so nicht mehr weiter machen könne. Im Moment laufe ein Antrag auf eine Langzeittherapie, allerdings sei die Kostenübernahme durch die Kasse noch nicht bewilligt.

Er sah auch ein, dass sein Verhalten in der Therme ein schwerer Fehler gewesen sei. Er entschuldigte sich bei dem Mann, den er angegriffen hatte und bat ihn, 300 Euro als Schmerzensgeld anzunehmen. Der Mann sagte, er habe ihm längst verziehen, nahm das Geld aber an.

Doch das reichte Richterin Schmaunz mit Blick auf die Vorstrafenliste nicht aus für ein mildes Urteil: Acht Einträge hatte der Angeklagte, zumeist wegen Körperverletzungen, wenn er betrunken war. Hinzu kamen Alkoholfahrten, teils mit Sachbeschädigung und Fahrerflucht. Zudem hatte er die Tat in der Erdinger Therme unter offener Bewährung begangen. Sie verurteilte ihn zu vier Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung: "Ich tue mir schwer, ihnen eine günstige Sozialprognose auszustellen." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 04.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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