Erding:Quarantänezimmer für Abiturienten

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Die Absolventen sehen einer besonderen Prüfung entgegen. Hinter ihnen liegen schwierige Zeiten, die sie gut gemeistert haben

Von Julian Illig, Erding

Die Abiturienten sind in der heißen Phase angekommen, am Mittwoch, 12. Mai, findet die erste Abiturprüfung statt, Deutsch. Alle seien "gespannt und zuversichtlich, dass es endlich losgeht, durchsetzt mit ein bisschen Bangen", beschreibt Regine Hofmann, Schulleiterin am Anne-Frank-Gymnasium in Erding die Stimmung. "Die Abiturienten stehen unter Strom." So weit, so normal. Aber normal ist natürlich nichts, wenn es jetzt auf das zweite Abitur in Pandemiezeiten zugeht.

Positiv auf das Virus getestet zu werden, schwebt wie ein Damoklesschwert über den Schülern, dann müssen sie in die Nachholprüfung. Dreimal in der Woche werden die Abiturienten getestet, um die letzten Unterrichtstage so sicher wie möglich zu gestalten. Am Anne-Frank-Gymnasium können die Schüler wählen, ob sie bis zum Abitur in Präsenz unterrichtet werden oder lieber von zu Hause aus. Um an der Abiturprüfung teilzunehmen, ist ein Test zwar nicht verpflichtend, aber auch hier wollen die Schulen maximale Sicherheit gewährleisten. Daher sollen die Schüler an allen drei Gymnasien die Möglichkeit haben, sich am Tag vorher testen zu lassen. Die Schüler sollen "sich auf die Prüfungen konzentrieren, die Belastung soll möglichst wenig sein" sagt Markus Höß, Schulleiter vom Gymnasium Dorfen.

Wer sich vor dem Abitur nicht testen lassen will, muss die Prüfungen in einem anderen Raum schreiben. Gleiches gilt für Schüler, die als Kontaktperson ersten Grades in Quarantäne sind. Sie dürfen für das Abitur die Quarantäne unterbrechen. In einem solchen Fall müsste allerdings geklärt werden, wer hier die Aufsicht übernehmen wolle, meint Andrea Hafer vom Korbinian-Aigner-Gymnasium.

Viel wurde gestritten, ob das Abitur aufgrund inhaltlicher Erleichterungen für die Schüler nicht einen Makel darstellen könnte. Eltern hatten Angst, dass das Corona-Abitur eine Hürde im Berufsleben sein könnte. Inzwischen haben sich die Wogen etwas geglättet. "Natürlich besteht die Befürchtung, dass das Ansehen leidet", sagt Werner Schüler, Vorsitzender des Elternbeirats in Dorfen. Aber seit man sehe, wie sich "Schüler und Lehrer reinhängen", gehe es auch darum, den Jugendlichen den Rücken zu stärken. "Alle wollen das Abitur schreiben, die haben sich zwei Jahre vorbereitet." Insofern sei es ein "vollwertiges Abitur". Hafner ist überzeugt, dass die "Schüler sehr gut unterrichtet" wurden, die Wertigkeit des Abiturs liege weniger an ihnen als "in der Hand der Gesellschaft".

Elternbeirat Werner Schüler betont, wie wichtig es ist, dass die Abiturienten in der letzten Zeit in Präsenz unterrichtet werden konnten. "Der Präsenzunterricht hat einiges aufgeholt." Die Lehrer sind aber auch der Auffassung, dass die reine Vermittlung des Stoffes digital gut funktioniert habe. Manche seien mit dem Stoff sogar früher fertig gewesen. Digital läuft der Unterricht störungsfreier ab. Weil die Schüler alleine zu Hause sind, gebe es "wenig Ablenkungen und eine konzentrierte Unterrichtsatmosphäre", schildert Hofmann. Nur sei nicht immer klar, "wie verankert das Wissen ist". Im Präsenzunterricht sehe man in "fragende Gesichter", wenn etwas nicht verstanden wurde, das fehle digital. Ein Vorteil des Distanzunterrichts sei aber, dass die Zusammenarbeit mit den Lehrern noch besser geworden ist, meint Schüler. "Die Lehrer sind gut erreichbar, der Kontakt ist fast intensiver."

Ein paar Fragezeichen hatte es gegeben, wie die praktischen Prüfungen in Sport und Musik durchzuführen seien. Schon die Halbjahresnoten seien aber "überhaupt kein Problem" gewesen, sagt Markus Nißl, Musiklehrer am Korbinian-Aigner-Gymnasium. Die Schüler, die das Musik-Additum gewählt hatten, hätten über die Videosoftware gespielt, das "hat super hingehauen". Für die Abiturprüfung kommen Schüler und Lehrer aber doch vor Ort zusammen. Jeder soll einen Schnelltest machen und beim Spielen, soweit es geht, Abstand halten. Nur die Proben zur Vorbereitung seien komplizierter gewesen. Für die Schüler, die er selbst am Klavier begleite, habe er eine Mitspielversion aufgenommen, um die Probenanzahl zu minimieren, schildert Nißl. Im Sport "mag es schon mal den ein oder anderen Punkt weniger gegeben haben", meint Höß, geschuldet vor allem der verminderten Trainingszeit. Bei der Prüfung selbst galten Hygieneschutzmaßnahmen, beim Hochsprung sollten die Schüler ihre Maske nur für den Sprung selbst abziehen.

Die Schüler, die jetzt ihren Abschluss machen, sind ein "Jahrgang, der doch ganz schön gelitten hat", meint Nißl. "Keine Studienfahrten, keine Musikfahrten, immer daheim", drei von vier Halbjahren der Oberstufe standen im Zeichen der Pandemie. Zumindest die Abiturfeier will die Schulleitung so gestalten, dass es eine feierliche Übergabe gebe, sagt Höß. Möglichst ganz normal eben.

© SZ vom 30.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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