Erding:Pannen und Missverständnisse

Lesezeit: 2 min

In Erding werden viele neue Wohnungen gebaut - für diese wird die Mietpreisbremse aber nicht gelten (Foto: Renate Schmidt)

Laut Auskunft des bayerischen Justizministeriums haben 24 von 25 Landkreiskommunen die Einführung der Mietpreisbremse bei sich abgelehnt. Aus etlichen Rathäusern heißt es, das sei so nicht richtig

Von Florian Tempel, Erding

Bei der Auswahl, in welchen Kommunen die gesetzliche Mietpreisbremse zur Anwendung kommen soll, ist es offensichtlich zu erheblichen Kommunikationsfehlern gekommen. Grundlage für die Einstufung durch das bayerische Justizministerium waren neben Daten aus dem Statistischen Landesamt auch Erhebungen in den Kommunen. Unter anderem sollen dabei alle Gemeinden gefragt worden sein, ob sie die Einführung der Mietpreisbremse bei sich befürworten. Nach Auskunft einer Ministeriumssprecherin hätten 24 von 25 Kommunen aus dem Landkreis diese Frage mit Nein beantwortet. Nur die Stadt Erding habe sich für die Mietpreisbremse ausgesprochen. Nachfragen der SZ bei mehreren Gemeinden ergeben ein ganz anderes Bild: Natürlich wolle man die Mietpreisbremse, heißt es aus den Rathäusern. Dass man dies verneint habe, müsse auf einem totalen Missverständnis basieren.

In manchen Kommunen ist von der bereits Ende 2013 verschickten Anfrage aus dem Justizministerium kaum etwas oder gar nichts bekannt. In Ottenhofen ist sie entweder nie angekommen oder übersehen worden. Dass ausgerechnet in Ottenhofen kein Fragebogen zur Mietpreisbremse ausgefüllt wurde, ist besonders wunderlich: Die Gemeinde ist die einzige im Landkreis mit einer SPD-Bürgermeisterin und die Mietpreisbremse eine originär sozialdemokratische Idee. Bürgermeisterin Nicole Schley versichert, sie habe den ministeriellen Fragebogen nie zu Gesicht bekommen. Gleiches sagte auch der Dorfener Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) auf eine Nachfrage in der jüngsten Stadtratssitzung. Bei ihm sei so etwas nicht auf dem Tisch gelandet, er wisse nichts davon. Gleichwohl, sagt die Ministeriumssprecherin, liege dem Justizministerium ein ausgefüllter Fragebogen aus Dorfen vor - mit der Auskunft, man brauche in der Stadt keine Mietpreisbremse.

Laut Gesetz muss die Mietpreisbremse überall dort eingeführt werden, wo es einen "angespannten Wohnungsmarkt" gibt. Nach Einschätzung der Bürgermeister Schley und Grundner ist das in ihren Gemeinden sehr wohl der Fall. Denn einem kaum vorhandenen Angebot an zu mietendem Wohnraum steht in ihren Gemeinden eine ganz erhebliche Nachfrage gegenüber. Auch in den Rathäusern in Finsing, Oberding, Eitting und Wörth sieht man einen angespannten Wohnungsmarkt in der Gemeinde - auch wenn das Justizministerium aus Finsing, Oberding, Eitting und Wörth die Auskunft erhalten haben will, die Mietpreisbremse sei überall dort nicht notwendig.

Die Sprecherin des Justizministeriums sagt zwar, dass es auf die Selbsteinschätzung einer Kommune nicht wirklich ankomme. Die Mietpreisbremse werde nur dort eingeführt, wo es objektive Daten und Fakten notwendig machten. Zum Beispiel in Hallbergmoos, das gewissermaßen zwangsbeglückt wird, obwohl der dortige Gemeinderat die Mietpreisbremse explizit nicht haben will. Andererseits ist die Selbsteinschätzung der Gemeinden durchaus wichtig, räumt die Ministeriumssprecherin ein. Denn alle Kommunen, die sie wollten, aber nach der Auswertung im Ministerium nicht die erforderlichen objektiven Kriterien erfüllt hätten, sei eine zweite Anhörung zur Sache gewährt worden.

Im Landkreis Erding gab es für keine Kommune eine solche zweite Anhörung, bei der man neue Daten hätte nachreichen können - wie zum Beispiel die im vergangenen Jahr fast überall eklatant gestiegenen Bodenpreise oder die Arbeit an Bebauungsplänen für neue Wohngebiete. Es gab für die Landkreisgemeinden keine zweite Runde, da die Stadt Erding die Mietpreisbremse sowieso bekommt, Ottenhofen sich gar nicht gemeldet hatte und alle anderen die Mietpreisbremse als überflüssig abgelehnt hätten.

Noch ist der Zug zur Mietpreisbremse aber nicht abgefahren, sagt die Sprecherin des Justizministeriums: "Falls jetzt eine Gemeinde möchte, könnte sie uns noch Fakten bringen - langsam wird es aber etwas knapp." Denn die Auswahl der Mietpreis-Kommunen in Bayern soll noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden. Im Herbst wolle die Staatsregierung die Liste jedoch noch einmal überprüfen und eventuell nachbessern.

© SZ vom 10.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: