Erding:Nur eine kurze Verschnaufpause im Sommer

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Die Corona-Pandemie hat das Leben im Landkreis drastisch eingeschränkt. Die erste Welle hat das Landratsamt als Katastrophenschutzbehörde gut bewältigt, doch in den Monaten danach warteten weitere große Anstrengungen

Von Thomas Daller, Erding

Die Corona-Pandemie hat das Leben im Landkreis Erding drastisch reduziert. In den Pflegeheimen ging die Angst um, Unternehmen und Selbständige in vielen Branchen bangten um ihre Zukunft. Obwohl nicht alle unbeschadet durch die erste Welle kamen, hat der Landkreis dabei seine Stärke bewiesen. Doch der zweite Lockdown im Herbst war für viele ein harter Rückschlag. Die Folgen sind noch gar nicht absehbar.

Der Fasching und der Kommunalwahlkampf waren in vollem Gange, als man erstmals von der neuen Lungenkrankheit hörte. Anfangs hatte sie noch nicht einmal einen Namen. Erst am 11. Februar nennt die WHO sie Covid-19. Dann ging es plötzlich Schlag auf Schlag: Am 8. März wird bekannt, dass erstmals ein Deutscher am Coronavirus gestorben ist. Am 11. März ruft die WHO eine Pandemie aus und Bayern erklärt noch am 16. März den Katastrophenfall. Im Landkreis nimmt der Landkreis seine Aufgabe als Katastrophenschutzbehörde wahr. Im Sitzungssaal des Landratsamtes laufen daraufhin die Fäden von BRK, Malteser, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Polizei, Bundeswehr und Klinikum zusammen. Eine der ersten Handlungen der Gruppe, die Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) leitet, war es, den Einkauf von Masken und Schutzanzügen für den gesamten Landkreis in die Hand zu nehmen. Davor stimmten sich Klinikum, Ärzte und Verbände zwar ab, die Materialien bestellte aber jeder einzeln. Eine andere Sofortmaßnahme war die Einsetzung weiterer Screening-Stellen im Landkreis. Außerdem wurde die Suche nach einem Hilfskrankenhaus vom Sitzungssaal aus geleitet. Der Warteraum Asyl am Fliegerhorst ist im Gespräch, weswegen unter anderem die Bundeswehr im Gremium vertreten ist. Als dieses Notkrankenhaus mit 1000 Betten eingerichtet wird, wird vielen erst der Ernst der Lage bewusst. Die Bilder aus überfüllten Kliniken in Norditalien haben sich ins Gedächtnis gebrannt, ebenso die Zeitrafferaufnahmen aus China, wo Notkrankenhäuser binnen einer Woche aus dem Boden gestampft wurden.

Doch die Maßnahmen greifen, die erste Welle bekommt das Gesundheitsamt mit den Nachverfolgungen in den Griff. Das Geschehen bleibt zumeist überschaubar und nach dem Ende des ersten Lockdowns hilft auch die Sonne immer mehr mit: Das Virus ist nicht UV-beständig, zeitweilig gibt es bis zu einer Woche lang im ganzen Landkreis keine Neuinfektionen. Es ist wie das Erwachen aus einem Albtraum, man trifft sich wieder mit Freunden oder geht zum Baden an die Weiher oder in die wieder geöffneten Freibäder.

Aber die Verschnaufpause währt nicht lange. Ab Mitte August mehren sich die Fälle im Landkreis wieder, wie man den werktäglichen Berichten des Gesundheitsamts Erding entnehmen kann. Und dabei wird das Bild diffuser: In der ersten Welle gab es die Superspreader und dazu dann einen Hotspot, doch mit den Urlaubsrückkehrern verbreitet sich das Virus nun flächendeckend und entzieht sich mehr und mehr einer straffen Kontrolle.

Als die Schulen Mitte September wieder öffnen, haben alle Beteiligten trotz Masken, Lüften und Abstand halten, ein mulmiges Gefühl. Topmoderne Gebäude wie die FOS/BOS mit ihrem leistungsstarken Belüftungssystem sind im Vorteil, aber auf diesem Stand sind längst nicht alle Schulen. Und es dauert auch nicht lange und die ersten Klassen und Lehrkräfte müssen sich in Quarantäne begeben. Und wöchentlich werden es immer mehr. Auch Kitas im Landkreis sind zunehmend betroffen, dann erreicht die zweite Welle viele Pflegeheime. Es ist die Stunde der Pessimisten: Epidemologen hatten in den Medien vor einer ungleich heftigeren zweiten Welle gewarnt und dabei auf historische Erfahrungen verwiesen. Auf einschlägigen Farbkarten konnte man zusehen, wie sich Deutschland Landkreis für Landkreis tiefrot verfärbte.

Der November begann zwiespältig. Mehrere große Pharmakonzerne kündigen einen hochwirksamen Impfstoff an, unterdessen geht Deutschland in den zweiten Lockdown. Kinos, Therme und Gastronomie müssen wieder schließen. Manche Gastrobetriebe geben auf. Bekannte Namen sind darunter. Das Kaffeehaus Krönauer hatte es bereits in der ersten Welle erwischt, nun folgen auch das Hotel Kandler in Notzing und das Gasthaus am Markt in Dorfen.

Das Klinikum Erding kam nach Angaben des Landratsamtes Ende November noch gut durch die zweite Corona-Welle. Es gibt zwar im Vergleich zur ersten Welle mehr multimorbide Patienten mit schwereren Verläufen und auch der Krankenstand des Pflegepersonals ist höher, aber es stehen noch ausreichend Kapazitäten zur Verfügung. Auch das Hilfskrankenhaus am Fliegerhorst Erding wurde zurückgebaut, man geht nicht davon aus, dass das Infektionsgeschehen so entgleitet, dass man es dennoch benötigen könnte.

Unterdessen richteten sich Anfang Dezember alle Hoffnungen auf ein Impfzentrum im Landkreis. Die Vorbereitungen liefen, jede Region wollte gewappnet sein, sobald die Zulassung für ein Vakzin erteilt wird und die Impfstoffe erhältlich sind. Es ist höchste Zeit. Die Zahl der Infizierten steigt drastisch, Erding wird zum Hotspot mit der höchsten Sieben-Tage-Inzidenz in ganz Oberbayern. Auch die Todeszahlen steigen: In der ersten Welle waren es elf im Landkreis, bis Weihnachten stieg die Zahl dann weiter bis auf mehr als 30. Am ersten Sonntag nach Weihnachten erscheint Licht am Ende des Tunnels: Mit den Impfungen kann begonnen werden.

© SZ vom 30.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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