Erding:Neuer Richter wegen Abschiebegefängnis

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Neuzugang Richter Robert Kinzler und seine Chefin, die Direktorin des Amtsgerichts Erding, Ingrid Kaps. (Foto: Renate Schmidt)

Am Amtsgericht ist eine weitere Stelle geschaffen worden. Die Zahl der Verfahren nimmt allgemein weiter rapide zu

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Mit Robert Kinzler hat das Amtsgericht Erding seit dem 1. Juni einen weitere Ermittlungs- und Zivilrichter. Der 31-jährige gebürtige Wormser war nach seinem Studium und dem Referendariat zunächst für zwei Jahre als Staatsanwalt in Nürnberg tätig, ehe er 2016 an die Wirtschaftsabteilung der Staatsanwaltschaft München I wechselte. Nach zwei Jahren in der Landeshauptstadt ist die Stelle in Erding nun seine erste als Richter. Amtsgerichtsdirektorin Ingrid Kaps erläuterte, dass die mit Kinzlers besetzte Stelle wegen der Umwandlung des Erdinger Gefängnisses in eine Abschiebehaftanstalt neu geschaffen worden ist.

Die Abschiebehaftanstalt bringt dem Amtsgericht eine Menge Mehrarbeit. Es seien zudem "sehr belastende Fälle", sagte Kaps. Doch es sind nicht nur immer mehr Abschiebeverfahren. "Alleine im Juli sind bei uns 477 neue Fälle eingegangen", sagt die Amtsgerichtsdirektorin, "bisher haben wir schon zwischen 2700 und 2800 Verfahren, was weit über das Jahr 2017 hinaus geht." Am Ende des Jahres rechnet Kaps mit etwa 400 Fällen mehr als im vergangenen Jahr: "Wir brauchen deshalb dringend noch mehr Stellen, um die Arbeit bewältigen zu können." Aktuell arbeiten in Erding 17 Richter. Was die Zahl der Fälle im Verhältnis zum Personal betreffe, sei Erding bei den Richtern und der Geschäftsstellenmitarbeiter an Platz eins der Arbeitsbelastung in ganz Bayern, bei der Rechtspflege liege man unter den ersten fünf.

Was die Zukunft bringen werde, sei völlig offen, sagte Kaps, da man nicht wisse, wie es beim Thema Abschiebehaft und bei der Zivilverfahren durch den Flughafen München weiter gehen werde. "Bei der Abschiebung bekommen wir leider nichts vom Ministerium mitgeteilt, wir sind bisher auch nicht kontaktiert worden. Das was wir wissen, das haben wir aus der Presse erfahren. Deshalb wissen wir auch nicht, was da an Arbeit auf uns noch zukommt. Das ist für uns ein Unsicherheitsfaktor und deshalb brauchen wir auch weitere Stellen als Puffer."

Angesichts des jüngsten Verkehrschaos am Münchner Flughafen befürchtet Kaps, dass für ihre Gericht nun ebenfalls zusätzliche Arbeit drohe. Kommt es am Flughafen zu Verspätungen, Annullierungen oder Überbuchungen, bedeutet das nicht nur Ärger für Passagiere und Gesellschaften, sondern jede Menge Schadensersatzverfahren am Amtsgericht Erding. Klagen gegen Fluglinien machen mittlerweile mehr als zwei Drittel der Zivilverfahren aus. Bei den Klagen gegen Airlines liegt das Amtsgericht Erding deutschlandweit auf Platz Zwei. Nur das Amtsgericht Frankfurt hat noch mehr zu bewältigen.

Robert Kinzler wird neben seiner Tätigkeit als Zivilrichter das dreiköpfige Team der Ermittlungsrichter unterstützen - allerdings nicht als zusätzliche Kraft, sondern er löst einen der bisherigen Richter ab. "Ermittlungsrichter ist eine sehr fordernde, nicht richtig zu planende Tätigkeit, weshalb wir dort öfters wechseln", sagte Kaps. Wenn dem neuen Amtsrichter, der in München wohnt, dann noch Freizeit bleibt, beschäftigt er sich mit Lesen, Geschichte, Fußball oder amerikanischen Sportarten.

© SZ vom 02.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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