Erding:Nerven bewahren und flexibel bleiben

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Die Erdinger Stadthalle bietet insgesamt sieben Veranstaltungsräume mit insgesamt rund 1500 Quadratmetern. (Foto: Renate Schmidt)

Der harte Lockdown zwingt die Stadthalle Erding dazu, das gesamte Veranstaltungsprogramm über den Hausen zu werfen. Wie es nach dem 10. Januar weiter geht? Das ist für Geschäftsführerin Jutta Kistner "ein Blick in die Glaskugel". Sie plant nun für den Herbst

Von Regina Bluhme, Erding

Jutta Kistner, die Geschäftsführerin der Stadthalle Erding, hatte es befürchtet und es ist tatsächlich so gekommen: ein erneuter Lockdown legt den Veranstaltungsbetrieb komplett still. Wann und unter welchen Voraussetzungen es weitergehen kann, ist ungewiss. Jutta Kistner weiß um die prekäre Situation der Künstler und Theaterkompanien, sie hofft auf das späte Frühjahr 2021 - und aktuell darauf, dass möglichst viele Menschen Gutscheine als Weihnachtsgeschenk wählen, was seit wenigen Tagen auch online möglich ist.

"Es ist derzeit ein Blick in die Glaskugel, aber man muss realistisch mit der Situation umgehen", sagt Jutta Kistner. Nach der aktuellen Schließung des Einzelhandels bis zum 10. Januar stünden nun auch der Januar und Februar auf der Kippe. "Einige Künstler sind schon auf uns zugekommen, weil sie ihre gesamte Tour in den Sommer verlegen." Es sei jedoch oft nicht möglich, gleich im Anschluss an die Pressekonferenzen der Staatsregierung zu reagieren und Absagen beziehungsweise Ersatztermine bekannt zu geben, bedauert Kistner. Oftmals müsse auf die offizielle Verordnung gewartet werden. Auf die ständig wechselnden Vorgaben habe sich das Haus auch nur schwer einstellen können. Und die Suche nach einem geeigneten Ersatztermin in 2021 oder 2022 mit den Produktionspartnern und Künstlern brauche Zeit. Immer weniger freie Lücken fänden sich in den Terminkalendern. Daher bitte sie, hinsichtlich der zeitlich leicht verzögerten Veröffentlichung von Ersatzterminen und Absagen, um Verständnis.

Jutta Kistner sorgt sich um die Künstler. Gerade die Freischaffenden seien in einer verzweifelten Lage. Inzwischen seien einige in ihre alten Berufe zurückgekehrt, arbeiteten als Lehrer, Techniker, Taxifahrer oder Gartenbauer. Zwei Mitarbeiter der Stadthallen GmbH haben gekündigt und sich einen Job in einer anderen Branche gesucht. Auch die Stadthalle hat finanziell zu knabbern. Aufgrund der fehlenden Veranstaltungen rechnet Kistner mit einem sechsstelligen Umsatzminus. "Die Nerven nicht verlieren, flexibel bleiben und weiter auf Sicht fahren, das war an manchen Tagen auch unser Mantra", erklärt Jutta Kistner. "Doch letztlich muss man Vertrauen in seine Veranstalterkunden und vor allem in unser Publikum haben", ist Kistner überzeugt.

Leer steht das Haus auch jetzt nicht. Das Gesundheitsamt nutze weiterhin mit dem Tracing Team die Räumlichkeiten. Auch als Location für die Kommunalgremien oder den Blutspendedienst leiste die Halle ihren Beitrag zur Pandemiebewältigung. Im Gegensatz zu anderen Häusern stehe eine Umwidmung als Impfzentrum nicht im Raum. Die Geschäftsführerin der Stadthallen GmbH geht sogar davon aus, dass kleinere Veranstaltungen wie etwa Business-Events, zum Beispiel firmeninterne Schulungen, nach dem Lockdown wieder schneller stattfinden können. Dann natürlich auch weiterhin mit Hygieneauflagen. Hier sieht sich die Stadthalle durch die Erfahrungen aus den Spätsommermonaten aber bestens gerüstet. Ein Mitarbeiter wurde zum Dekra-geprüften Hygienebeauftragten ausgebildet. Die Veranstalterkunden griffen daher gerne auf die Beratung der Halle zurück, so Kistner.

Einen Schub habe es bei der Digitalisierung von Veranstaltungen gegeben, die zum Teil hybrid, also mit Präsenz- und Streaminganteilen, stattgefunden hatten. Dieser Trend werde bleiben und dafür sei die Stadthalle sehr gut aufgestellt.

Auch wenn die Impfungen zum Jahresbeginn starten könnten, erscheint Jutta Kistner eine Veranstaltung mit mehr als 200 Besucher bis in das Frühjahr 2021 unrealistisch. Sollten die Infektionszahlen sinken, so werde das Bedürfnis nach persönlichen Begegnungen und Erlebnissen die Eventbranche wieder aufleben lassen. "Ich bin überzeugt, dass es einen hohen Nachholbedarf geben wird." Nach einem Winter im Lockdown, werde der Hunger auf ein Gemeinschaftserlebnis groß sein. Die Planungen für den Herbst 2021 und die beiden Folgejahre seien im vollen Gange, "um dem Erdinger Publikum auch nach der Pandemie wieder kulturelle Erlebnisse zu bieten".

Der Ticketshop der Stadthalle musste zwar schließen, doch unter dem Motto "Kultur erhalten - Freude schenken" könnten Tickets und Gutscheine auch bequem von zuhause ausgedruckt werden, betont Jutta Kistner. Damit würden auch die Künstler unterstützt. Nicht, dass am Ende die Stadthalle wieder eröffne und es nur noch eine Handvoll Partner gebe.

© SZ vom 21.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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