Erding:Mit einem blauen Auge davongekommen

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Der Zirkus Feraro bricht in die neue Saison auf, die am Freitag der kommenden Woche mit der Vorstellung auf dem Erdinger Volksfestplatz beginnt. (Foto: Renate Schmidt)

Der Zirkus Feraro wird in seinem Winterquartier von "Niklas" erwischt und hat dabei Glück im Unglück. Auf dem Erdinger Volksfestplatz hätten die Böen das Zelt weggefegt. Die Sorgen wären noch ein bisschen größer geworden

Von Denis Gießler, Erding

Zirkusdirektor und Familienoberhaupt Hermann Schmidt, 58, wirkt erleichtert. Ursprünglich wollte der Inhaber des traditionsreichen Zirkus' Feraro mit seiner Familie das Zirkuszelt zu Beginn vergangener Woche auf dem Volksfestplatz aufbauen. Der Termin wäre jedoch genau in die Zeit des Sturmtiefs Niklas gefallen, das vor gut einer Woche schwere Verwüstungen in ganz Deutschland anrichtete. "Wenn das Zelt zu diesem Zeitpunkt bereits gestanden hätte, weiß ich nicht, ob es den Böen standgehalten hätte", sagt Schmidt. Niklas fegte mit Orkanböen von bis zu 110 Kilometern pro Stunde über den Erdinger Landkreis hinweg.

Der geplante Aufbautermin konnte laut Schmidt nicht wahrgenommen werden, da ein Stallzelt noch Sturmschäden aus dem Vorjahr aufwies und sich in Reparatur befand. Zu Beginn des Orkans seien die Arbeiten noch nicht abgeschlossen gewesen. "Deswegen hatten die Aufbauarbeiten auf dem Volksfestplatz noch nicht begonnen - zu unserem Glück. Der neue Termin ist auf Donnerstag angesetzt. Man könnte fast sagen, dass uns der vorjährige Sturmschaden vor noch schlimmeren Beschädigungen bewahrt hat", ist Schmidt froh über die Verzögerung. Das Zirkuszelt sei zwar für raueres Wetter konzipiert und halte als fliegender Bau mit in den Boden eingelassene Ankern auch höheren Windgeschwindigkeiten stand. Der Zirkusdirektor ergänzt jedoch, dass "trotz der Sicherungen die Zelte von Kollegen weggeweht wurden."

Da in der Winterzeit keine Vorführungen stattfinden, bezog der Zirkus über die kalten Tage sein Quartier auf einem ehemaligem Versuchsgut von Weihenstephan in Hirschau, ziemlich genau auf der Grenze zwischen den Landkreisen Erding und Freising. Seit November des vergangenen Jahres befanden sich die 40 Fahrzeuge der Zirkusfamilie auf dem Gelände, das genügend Platz für alle bietet. Während der Winterpause repariert die Familie nicht nur ihre Ausrüstung, sondern trainiert mit den Tieren für die neue Saison. Die Zirkuswagen standen zwar im windgeschützten Innenhof, wurden von den Sturmböen aber trotzdem in Mitleidenschaft gezogen: Auf die Wohnwagendächer fielen mehrere Äste, die Dellen im Alublech hinterließen, außerdem wurden mehrere Klappen der leeren Tierwagen abgerissen. "Im Großen und Ganzen waren es aber nur Kleinigkeiten, wir sind noch mal mit einem blauen Auge davongekommen", sagt der 58jährige erleichtert.

Als 200 Jahre altes Familienunternehmen stammt der Zirkus Feraro von einer alten Zirkusdynastie ab und tritt seit mittlerweile zwanzig Jahren im Erdinger Landkreis auf. Schmidt beklagt, dass die Zeiten für den Zirkus in den vergangenen Jahren immer schwerer geworden seien: "Das Zirkusleben war noch nie leicht. Ständiges Reisen, und der ständige Kampf ums Überleben, das alles ist anstrengend. Dazu kommt jetzt noch dieses extreme Wetter, das Material schneller abnutzt und Zuschauer fernhält."

Vor allem der Konkurrenzdruck zu anderen, größeren Zirkussen, aber auch die Auflagen für die Tierhaltung seien gewachsen, weswegen der Zirkus Feraro nicht mit Raubtieren, sondern Ponys, Lamas und Tauben auftritt. "Hinzu kommt noch, dass der Zirkus vom Staat nicht als Kulturgut angesehen wird und wir keine Subventionen erhalten. Das macht den Überlebenskampf noch schwerer, weswegen wir auf weitere Unterstützung angewiesen sind", sagt Schmidt: "Wenn jetzt noch das Sturmtief Niklas unsere gesamte Ausrüstung zerstört hätte, wäre unsere Existenz als Zirkus ernsthaft bedroht gewesen."

Trotz des widrigen Wetters und der schwachen Vorsaison blickt Hermann Schmidt mit seiner Familie optimistisch in die Zukunft: "Der Winter war hart und wir können Niklas als einen Abschluss mit Pauken und Trompeten ansehen. Von jetzt an geht es wieder bergauf."

© SZ vom 09.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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