Erding:Mann weist Randalierer zurecht - und wird verprügelt

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Opfer wird nachts in Taufkirchen von zwei jungen Männern mit Füßen getreten. Richter setzt Haftstrafe zur Bewährung aus

Von Gerhard Wilhelm, Erding

"Wenn noch einmal etwas in der Art passiert, dann sperre ich sie ein." Richter Michael Lefkaditis hatte sich lange Zeit gelassen, bis er sich sein Urteil über die zwei jungen Angeklagten, 20 und 21 Jahre alt, gebildet hatte. Und das war niederschmetternd: "Sie haben in aggressivem Gemütszustand randaliert, beleidigt, ein unflätiges Verhalten gezeigt, Sachen beschädigt und dann einen 31-jährigen Mann, der sie zurechtweisen wollte, in gewaltsamer und niederträchtiger Art angegriffen." Im Falle des 20-Jährigen sah Lefkaditis sogar "charakterliche Defizite" und "die Schwelle überschritten". Dennoch gab er beiden eine "letzte Chance". Die zehnmonatige Freiheitsstrafe wurde auf drei Jahre Bewährung ausgesetzt.

Die Attacke auf den 31-Jährigen in der Nacht des 8. Oktobers 2016 geschah nach einer Randale-Tour durch Taufkirchen gegen 1.30 Uhr. Übereinstimmend hatten in einer ersten Verhandlung Zeugen berichtet, dass zwei Jugendliche Mülltonnen umwarfen und den Inhalt auf der Straße verstreuten. Als einer der beiden Licht hinter einem Fenster entdeckte, schlug er mit Wucht gegen die Fensterscheibe. Danach sei er zum Haus einer Zeugin gegangen. Als diese ihm vom Fenster im Obergeschoss zurief, dass sie den Unfug sein lassen sollten, sonst rufe sie die Polizei, wurde sie wüst beschimpft und es gab Tritte gegen die Jalousie im Erdgeschoss. Auf die Bezahlung des Schadens in Höhe von 430 Euro und eine Entschuldigung wartet sie trotz zweier Briefe einer Rechtsanwältin an den Angeklagten noch heute, sagte die Zeugin. Die in Speichelspuren an der zerstörten Jalousie entdeckte DNA führte die Polizei dann zu dem 20-Jährigen. Kurz nach dem Wortwechsel mit der Frau kam es zum Angriff gegen den 31-Jährigen. Er wurde mit Tritten malträtiert und sogar in die Genitalien getreten. Über Handyauswertungen kam die Polizei auch auf den 21-jährigen Angeklagten. Zu einem zweiten Verhandlungstag war es gekommen, weil der 31-Jährige zwar bei der Polizei und vor Gericht den 20-Jährigen als Haupttäter identifiziert hatte, aber nicht mit allerletzter Bestimmtheit. Richter Lefkaditis, der beide Angeklagte schon aus früheren Verhandlungen kannte, wusste deshalb von einer dritten Person, die 2016 mit den beiden sehr häufig zusammen war und beiden von Statur und Haaren ähnelt. Zudem war es zur Tatzeit dunkel. Vor allem der 21-Jährige hatte geleugnet, dabei gewesen zu sein. Und wenn, dann sei er zu betrunken gewesen und könne sich an nichts mehr erinnern. Aber in der zweiten Verhandlung leugnete die "dritte Person", bei dem Vorfall dabei gewesen zu sein. Und auch das 31-jährige Opfer sagte, dass der Mann keiner der Schläger war.

Zu Lasten der beiden hatte auch ihr Vorstrafenregister gesprochen, in dem es von Diebstahl über Beleidigung bis hin zu Trunkenheit im Verkehr und Körperverletzung viele Einträge gibt. Und der wegen Sachbeschädigung, Beleidigung, Bedrohung und Körperverletzung angeklagte 20-Jährige hatte bisher Auflagen aus früheren Urteilen nur sehr säumig erfüllt oder gar nicht. Die Staatsanwältin hatte für ihn sieben Monate Jugendstrafe auf Bewährung gefordert. Dazu Alkohol- und Antiaggressionstherapie. Der 21-Jährige musste nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden. Bei ihm forderte sie acht Monate Haftstrafe. Ausgesetzt auf drei Jahre. Amtsrichter Lefkaditis blieb in beiden Fällen mit dem Strafmaß von zehn Monaten auf Bewährung darüber. Der Vorfall zeuge von "unglaublicher Unverfrorenheit", von "niederträchtiger Art", und Tritte in den Genitalbereich seien "unterste Schublade". Dass es diesmal auch angesichts einschlägiger Verurteilungen in der Vergangenheit noch zu einer Bewährungsstrafe komme, sei keine Selbstverständlichkeit. Und Jammern, dass sie die jeweils 750 Euro Entschädigung an den 31-Jährigen wohl nicht zahlen könnten mit ihrem Lehrlingsgehalt, ließ Lefkaditis kalt: "Was hat eine Auflage für einen Sinn, wenn sie nicht weh tut?" Sollten sie sich nochmals was zu schulden kommen lassen in den drei Jahren oder das Geld nicht regelmäßig in Raten von je 100 Euro zahlen, "dann rappelt's im Karton", sagte der Amtsrichter abschließend.

© SZ vom 14.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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