Erding:Letzte Station: Obdachlosenunterkunft

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Nach erfolgloser Wohnungssuche landet Frau E. mit ihren Kindern in einem Notquartier

Von Regina Bluhme, Erding

Maria und Josef haben verzweifelt ein Dach über dem Kopf gesucht, am Ende wurde Jesus in einem Stall geboren. Das Weihnachtsfest erinnert alle Jahre wieder daran. Die Geschichte der Herbergssuche lässt sich aber auch heute im Landkreis Erding erzählen. Viele Menschen finden im Speckgürtel von München keine bezahlbare Wohnung, immer mehr müssen in Notquartieren untergebracht werden. Bei der Sozialen Beratungsstelle des Caritas Zentrums Erding melden sich verzweifelte Menschen. Zum Beispiel Frau E. Über ein Jahr hat die alleinerziehende Mutter von zwei kleinen Kindern nach einer Wohnung gesucht. Vergebens. Sie landete schließlich in einer Obdachlosenunterkunft.

Das Beispiel von Frau E., das Brigitte Fischer von der Sozialen Beratungsstelle schildert, steht für viele Geschichten, die sich im Landkreis Erding abspielen. Frau E. wird wegen Eigenbedarfs von ihrem Vermieter gekündigt. Ein Schock. Sie arbeitet Teilzeit, bekommt Unterhalt, Kindergeld und aufstockende Leistungen. Es beginnt die verzweifelte Suche nach einer bezahlbaren Wohnung. Zum alltäglichen Stress wie Schule, Arbeit, Haushalt und Kinderbetreuung kommt nun noch diese Belastung dazu.

"Es wird immer schlimmer - die Mieten steigen, aber nicht die Gehälter. Und Sozialwohnung gibt es einfach viel zu wenige", sagt Brigitte Fischer. Die Wohnungsnot treffe inzwischen nicht nur Alleinerziehende mit Kindern oder Ältere, auch Mittelstandsfamilien, Menschen mit festem Einkommen, hätten zu kämpfen. "Bei Obdachlosigkeit sprechen wir nicht von dem Menschen, der auf der Straße lebt, sondern von jemand, der mit Nutzungsvertrag in einer Notunterkunft sitzt", erklärt Brigitte Fischer. Dabei gebe es unterschiedliche Unterkünfte, vom Container über ein angemietetes Hotelzimmer, reichte die Palette.

Frau E. jedenfalls findet trotz intensiver Suche keine Wohnung für sich ihre zwei kleinen Kinder. Die Verzweiflung und die Angst wachsen, auf der Straße zu stehen. Ihre Eltern können nicht helfen, sie wohnen weit weg. Bekannte und Freunde hat sie nur wenige. Die Hausbesitzer können sich inzwischen ihre Mieter aussuchen. Der immer noch anhaltende Zuzug in die Region verschlimmere die Situation. "Und man muss auch sagen, es kommen auch Leute, die sich die Preise auch leisten können." Inzwischen verlassen zum Beispiel Ältere den Landkreis in Richtung Bayerischer Wald, wo die Mieten noch niedriger sind. Doch auch ein Umzug kostet Geld, das Einrichten einer Wohnung. Nicht jeder habe die Mittel zur Verfügung. Auch hier versuche die Caritas zu unterstützten.

Frau E. und ihre beiden kleinen Kinder werden schließlich obdachlos und in eine Unterkunft untergebracht. Ihre geliebte Katze muss ins Tierheim. Dies ist ein großer Schock für die Familie, zudem werden die Kinder aus der gewohnten Umgebung gerissen. Die Mutter ist verzweifelt, kann sich kaum auf die Arbeit konzentrieren. Dazu kommt die soziale Stigmatisierung. Sie treffe die Kinder besonders hart. "Freunde können sie nicht mehr zu sich einladen". Sie schämen sich, und auch die Eltern. Scham kann krank machen, kann zu Depression und dann zur Arbeitslosigkeit führen. "Ein Teufelskreis", weiß Brigitte Fischer.

Etwa 200 Menschen suchen jährlich die Soziale Beratungsstelle der Caritas Erding auf. Etwa ein Drittel komme wegen des Themas Wohnungsnot. Die Caritas versuche zu helfen, wo immer es gehe. Durch Stiftungs- und Spendenmittel auch der SZ-Leser könnten zum Beispiel Mietschulden fürs erste beglichen werden. Damit könne dann auch eine Wohnungskündigung verhindert werde.

Die Geschichte von Frau E. hat zum Glück ein halbwegs gutes Ende. Nach über einem Jahr der Obdachlosigkeit habe die Familie eine Wohnung gefunden, erzählt Brigitte Fischer. Bei der Wohnungssuche habe die Caritas geholfen. Allerdings muss Frau E. bei Null anfangen. Die Möbel wurden zwar eingelagert, viele Sachen sind feucht geworden und haben zu schimmeln begonnen. Beim Neustart möchte der SZ-Adventskalender Frau E. und ihre Kinder unterstützen.

© SZ vom 07.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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