Erding:Lehrermangel an den Mittelschulen

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Geld für zusätzliche Stellen wäre ausreichend vorhanden. Doch das Schulamt kann keine neue Pädagogen einstellen, weil es viel zu wenige gibt

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

Die Personalsituation an den Grund- und Mittelschulen bleibt angespannt. Da klingt es gut, dass der Freistaat in einem Nachtragshaushalt Geld für circa 1700 zusätzliche Lehrer bereit gestellt hat, größtenteils in Form von festen Planstellen. 696 davon entfallen nach Angaben des Kultusministeriums auf die Grund- und Mittelschulen. Mehr als 2100 weitere Pädagogen sollen außerdem als "mobile Reserve" bei Engpässen oder Krankheit flexibel an den Schulen einspringen. Doch seit Jahren kommen von den Universitäten weitaus weniger Mittelschullehrer als man tatsächlich benötigt. Die Folge: Nicht immer gibt es ausreichend Personal, um die neuen Stellen auch zu besetzen. Diese Einschätzung teilen übereinstimmend das Schulamt Erding sowie die Kreisverbände des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

"Die finanziellen Mittel waren in diesem Schuljahr so großzügig wie noch nie, aber es gab schlichtweg keine Lehrer mehr", sagt die Leiterin des Schulamtes Erding, Marion Bauer. Sie verwaltet den Pool an frei verfügbaren Lehrkräften, den sie bei Bedarf Anfang Januar individuell aufstocken kann. Doch in diesem Jahr seien die Wartelisten geräumt gewesen. Und so blieb es in der Reserve bei 13 Lehrern, die an den zehn Mittelschulen während längeren Krankheitsfällen und Schwangerschaften ausgeholfen haben. Dass es dennoch lediglich "kaum" zu Unterrichtsausfällen gekommen sei, verdanke man der "großen Bereitschaft" der anderen Kollegen. Soll heißen: Gab es keine mobile Reserven, hat man improvisiert und im Kollegium zusammengehalten. In Einzelfällen hätten Teilzeitkräfte freiwillig für zwei oder drei Wochen zusätzliche Stunden übernommen, sagt Bauer. Im Bereich der Vollzeitbeschäftigungen wurden Anfang Februar zwei Lehrerinnen mit erstem Staatsexamen eingestellt.

Für den GEW-Kreisvorsitzenden Paul Horn ein verständlicher Kompromiss, der jedoch auf Dauer nicht gut gehen könne. "Wir befinden uns personell in einer schwierigen Situation", fasst Bauer die Lage zusammen. Ob es im Schuljahr 2016/17 besser wird und auch Schulen im Landkreis von den neuen Stellen profitieren, sei derzeit noch nicht abzusehen.

Michael Oberhofer ist Rektor der Grund- und Mittelschule Isen und Kreisvorsitzender des BLLV. Er beklagt, dass die Belastung für die Pädagogen das "Limit deutlich überschritten" habe. Horn kommt zu dem Schluss, dass seine Kollegen mittlerweile an die "Grenze dessen, was man noch bewältigen kann" gestoßen seien. Und Oberhofer wisse sogar von Lehrern, die in den Dienst gingen, obwohl sie krank seien, nur damit keine Vertretung notwendig würde. In Isen habe man die Situation nur dank eines "hohen persönlichen Einsatzes" und der guten Zusammenarbeit mit dem Schulamt gemeistert.

Beide Lehrervertreter blicken auf die Pläne des Kultusministeriums mit gemischten Gefühlen. "Mit Sicherheit ist da Bemühen vorhanden," sagt Oberhofer, "aber das Schaffen von Stellen wird alleine nicht ausreichen, da die Leute fehlen, um diese auch zu besetzen." Jahrelang seien junge Kollegen auf Wartelisten gestanden, sodass sich viele von ihnen etwas anderes gesucht hätten, kritisiert er. Anteil daran habe auch das geringe Gehalt von Grund- und Mittelschulpädagogen im Vergleich zu den Realschullehrern. Würde die Besoldung angepasst, entschieden sich mehr Abiturienten von vornherein für die Grund- und Mittelschule, sind Horn und Oberhofer überzeugt. Eine Forderung, die BLLV und GEW seit Jahren stellen - bisher ohne Erfolg.

Vor einigen Wochen hatte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, der Dachauer Abgeordnete Martin Güll, eine Reform der mobilen Reserve gefordert. Zeitintensive Vertretungen, etwa bei Schwangerschaften, und zusätzlicher Unterricht für Flüchtlingskinder sollten langfristig nicht mehr über diesen Pool gesichert werden, heißt es. BLLV-Mann Oberhofer stimmt dem zu und geht noch einen Schritt weiter: "Wir bräuchten eine Art feste mobile Reserve, die sich gezielt um eine oder mehrere kleinere Schulen kümmert. Das ist im System jedoch nicht vorgesehen." Schulamtsleiterin Bauer hält den Vorschlag hingegen für "nicht zielführend", da die Schulen unterschiedlich stark von Ausfällen betroffen seien und man flexibel bleiben sollte, um keine "teuren Lehrerstunden" zu verschwenden. Gleichwohl müsste man darüber nachdenken, prinzipiell den Pool für die Schulämter zu vergrößern, so Bauer. Wenn da nur der Markt nicht leergefegt wäre.

© SZ vom 25.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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