Erding:Konfliktstoff im Warteraum Asyl

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Reibereien um Kompetenzen und Verantwortlichkeiten: Es geht um die Kosten für die Behandlung kranker Flüchtlinge, aber auch um nachträgliche Genehmigungen für Bauarbeiten auf dem Fliegerhorstgelände

Von Antonia Steiger und Florian Tempel, Erding

Der Besuch von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat deutlich gemacht, wie hoch die Reibungsverluste bei der Zusammenarbeit der Behörden in der Frage nach Kompetenzen und Kosten für den Warteraum Asyl sind. Es geht zum Beispiel um die Kosten für die Behandlung kranker Flüchtlinge, aber auch um nachträgliche Genehmigungen für Bauarbeiten auf dem Fliegerhorstgelände.

Etwa 20 Rechnungen von Ärzten, Rettungsdiensten und Krankenhäusern sind in den vergangenen Tagen im Landratsamt Erding gelandet. Bezahlt hat sie das Landratsamt nicht, sondern sie alle umgehend an die Regierung von Oberbayern weitergeleitet. "Wir sind nicht in Vorleistung gegangen", sagte die Sprecherin des Landratsamts. Laut Auskunft einer Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist das der richtige Weg. Denn nach der Gesetzeslage müsse der Freistaat Bayern die Kosten für medizinischen Notfälle von Flüchtlingen begleichen. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) fordert hingegen, dass der Bund die Kosten übernehme, weil der Warteraum Asyl eine Einrichtung des Bundes sei. Vor allem plagt ihn aber die Sorge, dass am Ende womöglich niemand für die Kosten geradesteht, die im landkreiseigenen Krankenhaus anfallen.

Im Klinikum Erding wurden nach Auskunft der Pressesprecherin des Krankenhauses von Montag bis Freitag sechs Flüchtlinge behandelt, vier von ihnen ambulant, zwei stationär. In welcher Höhe Kosten anfielen, wollte sie nicht sagen. Sie stellte aber klar: "Wenn Notfälle kommen, werden die selbstverständlich bei uns behandelt." Auch die Sprecherin des Landratsamts wusste die Höhe der dem Klinikum entstanden Kosten nicht anzugeben. Bayerstorfer hat angeordnet, dass künftig über diese Kosten Buch geführt wird.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière befand beim Besuch des Warteraums Asyl am Samstag, dass alles sehr gut organisiert und solide aufgebaut sei. (Foto: Renate Schmidt)

Des weiteren hat Bayerstorfer eigenen Worten zufolge eine "Vorhalteerhöhung" für den Rettungsdienst beantragt: Er will, dass der Rettungsdienst im Landkreis besser ausgestattet wird, damit die medizinische Notfallversorgung der Flüchtlinge nicht zu Lasten der Erdinger Bürger gehe. In einer der vergangenen Nächte sei der Rettungsdienst vier Mal ausgerückt, um Flüchtlingen zu helfen.

Weitere Konflikte sind ungeklärt: Bayerstorfer sagte im Gespräch mit der SZ, der Landkreis soll eine Sicherheitserklärung für Trinkwasserleitungen abgeben, die auf dem Fliegerhorstgelände gelegt wurden, und die Stadt Erding soll den Aufbau der Zelte genehmigen. Als das Technische Hilfswerk (THW) auf dem Gelände mit dem Aufbau begonnen hatte, war es noch militärisch gewidmet und die lokalen Baubehörden waren nicht eingebunden. Mittlerweile sind die Bereiche aber kein militärisches Gebiet mehr. "Und jetzt sollen wir eine Sicherheitserklärung für die Trinkwasserleitungen abgeben", sagt Bayerstorfer. "Aber wir wissen gar nicht, was da verbaut wurde." Das Risiko, für etwaige Schäden "die volle Haftung" übernehmen zu müssen, sei ihm zu groß. Daher habe er ein privates Gutachten eingefordert.

Für die Shelter und Zelte, in denen die Flüchtlinge untergebracht sind, ist baurechtlich die Stadt Erding zuständig. Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) bestätigte, dass es noch keine "Abnahme" durch das städtischen Bauamt gegeben habe. Die Stadt müsse sich erst sehr genau versichern, dass insbesondere die Statik und der Brandschutz der Zelte einwandfrei sei. Eine Abnahmeerklärung werde es erst geben, wenn alles genau überprüft sei. Gotz sieht darin aber kein grundsätzliches Problem. Gegebenenfalls müsse nachgebessert werden, bevor die Stadt ihr Okay gebe.

Landrat Martin Bayerstorfer beklagt, dass es viele ungelöste Fragen gebe, welche die lokalen Behörden vor Probleme stellten. (Foto: Renate Schmidt)

Gotz sagt zwar, an den noch ungeklärten baurechtlichen Fragen zeige sich, dass es besser gewesen wäre, die lokalen Behörden frühzeitig einzubinden. Gleichwohl will er das federführende Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht kritisieren: "Das Bamf bearbeitet diese Themen nun einvernehmlich und sehr schnell mit allen, die damit befasst sind."

© SZ vom 27.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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