Erding:Kein Rezept gegen hohe Arbeitsbelastung

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Beatrix Stadler, Inhaberin der Sempt-Apotheke, würde auch einen Pharmaziepraktikanten aufnehmen, doch München ist für Studenten oft attraktiver. (Foto: Peter Bauersachs)

Apothekern auf dem Land fehlt der Nachwuchs: selbst Urlaubsvertretungen sind kaum zu finden

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

Seit fünf Jahren gibt es immer weniger Apotheken in Deutschland. Allein im vergangenen Jahr ist bundesweit die Zahl um 192 Geschäfte auf 20 249 gesunken. Das geht aus einem Ende Februar veröffentlichtem Bericht der Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA) hervor. Dem gegenüber steht im gleichen Zeitraum ein kontinuierlicher Anstieg der Pharmaziestudenten auf momentan etwa 15 000 und auch die Approbationen haben stetig zugenommen. Pro Jahr kommen knapp 2000 neu zugelassene Apotheker hinzu. Nichtsdestoweniger tun sich gerade Apotheker im ländlichen Raum schwer, potenziellen Nachwuchs zu finden. Ein Trend, der sich auch bei den 28 Apotheken im Landkreis Erding beobachten lässt. Als Ursachen werden lange Arbeitszeiten, die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die hohe Attraktivität der nahen Großstadt München genannt. Grund zu großer Sorge besteht jedoch nicht. Von einer möglichen Schließung ist keiner bedroht, mit dem die Erdinger SZ gesprochen hat. Für Dieter Sauer, Inhaber der Dorfener Marien-Apotheke, liegt der Grund für den Nachwuchsmangel auf der Hand: Zu viel Arbeit gehe nicht konform mit der Familienplanung. Bei einem wöchentlichen Arbeitspensum von 50 bis 60 Stunden - was keine Seltenheit ist, wenn man bedenkt, dass immer ein Apotheker anwesend sein muss - bleibe nur wenig Zeit für den Partner und die Freunde übrig. Ein Problem, gerade für junge Menschen, die frisch von der Uni kommen, und sich vielleicht eigene Kinder wünschen. Folglich würden vor allem Absolventinnen, die etwa zwei Drittel der Branche ausmachen, den Wunsch nach Teilzeit äußern, so Sauer. Er ist überzeugt, dass aber auch eine Filialleitung die hohe Arbeitsbelastung nur mit einer größeren Vergütung mittragen würde. "Es ist momentan sehr schwer, approbierte Apotheker zu gewinnen", sagt der 59-Jährige. Manchmal sei es schon eine Herausforderung, überhaupt eine Urlaubsvertretung zu finden, da die meisten seiner Kollegen im ähnlichen Alter und entweder fest angestellt seien oder eine eigene Apotheke betreiben würden.

Armin Braun von der Stadt-Apotheke in Erding sieht Teilzeit-Modelle kritisch, da sie die ohnehin angespannte Personallage noch verschärften. Er geht davon aus, dass sich in Zukunft weniger junge approbierte Apotheker auf die Selbstständigkeit einlassen, zu der der Beruf eigentlich führe. Und Angestelltenverhältnisse auf dem Land sind Brauns Einschätzung zufolge "von jeher selten", denn nicht immer wollten die Familien mitziehen, was ja eine grundlegende Voraussetzung sei. Nachteilig wirkt sich ferner die geringe Distanz zur Landeshauptstadt aus. München würde dem Land die Absolventen abziehen, sagt Beatrix Stadler von der Erdinger Sempt-Apotheke, sei es aufgrund der vermeintlich besseren Zukunftsperspektiven oder der persönlichen und sozialen Bindung an den Studienort. Stadler sieht in dem anhaltenden Trend eine Parallele zum allgemeinen Mangel an Hausärzten auf dem Land. "In manchen Münchener Vierteln herrscht ja eine Überversorgung an Ärzten", sagt sie. Während Städte an Attraktivität gewinnen, laufen die Regionen Gefahr, am Ende vielleicht doch das Nachsehen zu haben.

Einen anderen Weg hat Tobias Ochsner beschritten. Der Inhaber von fünf Apotheken im Landkreis suchte in den vergangenen zwei Jahren einen approbierten Apotheker für eine Filiale; auf dem deutschen Markt jedoch vergebens. "Es war schwierig überhaupt jemanden zu finden, da muss man auch in den Nachbarländern schauen." Ochsner würde es daher begrüßen, wenn der internationale Austausch unter den Pharmazeuten größer wäre.

Ein Versorgungsproblem droht dem Landkreis aber derzeit nicht, darin sind sich die befragten Apotheker einig. Das deckt sich auch mit der Einschätzung von ABDA-Chef Friedemann Schmidt für die Situation im gesamten Land.

© SZ vom 09.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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