Erding:Jung und laut

Lesezeit: 3 min

Zu wenige Anmeldungen: Der diesjährige Band Battle in Dorfen muss um zwei Monate verschoben werden. Gibt es in Erding etwa nicht mehr genug Nachwuchsbands?

Von Mathias Weber

Gründlicher Soundcheck, nette Leute, "alles hat hingehauen", sagt Felix Schneider, wenn er sich an den 24. Juli erinnert. An diesem Freitag hatte Schneiders Band "Flying Penguin" ihren großen Auftritt als Opener des diesjährigen Sinnflut-Festivals. Gut, ein paar mehr Besucher hätten es schon sein können, sagt Schneider, trotzdem waren die vier zufrieden. Sie waren nervös: Die Monate davor haben sie auf den Auftritt hin gearbeitet, die Punk-Rock-Band hatte zuvor noch nie 90 Minuten am Stück gespielt.

Alles ging gut. Verdient hat sich die Nachwuchs-Band, die es damals noch kein Jahr lang gab, als Gewinner des Band Battle 2014; der Bandwettbewerb findet jedes Jahr im E3-Eiskeller in Dorfen statt. Bisher zumindest: Dieses Jahr stand der Band-Contest auf der Kippe. Aus dem Sinnflut-Hauptquartier am Erdinger Bahnhof heißt es, noch hätten sich zu wenige Band und Künstler für den Wettbewerb angemeldet, bei dem das Publikum durch die Lautstärke des Applauses entscheidet, wer gewinnt und das Sinnflut im darauffolgenden Jahr eröffnen darf. Jetzt haben die Organisatoren entschieden, dass der Wettbewerb um gut zwei Monate verschoben wird, auf Freitag, 20. November. Zu wenige Bands - und das, obwohl nicht nur alternative Künstler aus dem Landkreis, sondern auch darüber hinaus gesucht werden. Und jetzt stellt sich die Frage: Hat der Landkreis Erding sein Reservoir an jungen, talentierten Musikern etwa schon aufgebraucht? Ist da einfach keiner mehr? Ganz im Gegenteil, sagt Ulrich Hofstaller. Er leitet das Jugendkulturhaus Sonic in der Dorfener Straße, das von der Stadt Erding betrieben und finanziert wird. Das Haus ist sozusagen das Epizentrum der alternativen Musikszene in Erding. Hier finden regelmäßig Konzerte statt, Hip-Hop, Rock, Pop, Indie, alles ist vertreten. Und in einem eigens eingerichteten Proberaum können Nachwuchs-Bands üben - für überschaubare zehn Euro im Monat. Er ist ständig ausgebucht. Hofstaller hat den Überblick über die Szene im Landkreis, und er ist guter Dinge: Bands gibt es viele, und auch die Qualität stimme. Am kommenden Wochenende werden sich zwei von ihnen wieder den Erdingern präsentierten: Neben zwei Bands aus München stehen bei der Veranstaltungsreihe "s'Mic brennt" Farewell Mona Lisa (Pop-Punk) und Kentucky schreit (Brasspunk) auf der Bühne.

Das Sonic ist das Zentrum der Erdinger Jugendkultur. (Foto: Schmidt)

Hofstaller sagt aber auch: Der größte Konkurrent für eine aktive Musik-Szene in Erding ist München. Denn die jungen Leute sind zu schnell in der Landeshauptstadt, und verpassen vielleicht das, was einem hier geboten wird - im Sonic zum Beispiel. Kollegen aus Mühldorf schüttelten da nur den Kopf: Würde man dort anbieten, was es in Erding gibt, man hätte immer ein volles Haus. Im Sonic ist das hingegen Glückssache: Da sind mal 100 Leute da, mal nur 30. In München und seinen vielen Clubs ist man eben schnell. Hofstaller vermisst bisweilen eine Wertschätzung der Sub-Kultur bei den Erdingern. Auch Jugendkultur müsse seinen Platz haben.

In der Kreismusikschule tut sie das auch - neben Jazz, Klassischer Musik und Volksmusik. Seit Jahrzehnten wird dort auch Gitarren-, E-Gitarren- und Schlagzeugunterricht gegeben, also alles, was man für eine Pop- oder Rockband braucht. Auch Popgesang wird unterrichtet; gerade der erfreut sich so großer Beliebtheit wie nie, was Schulleiter Bernd Scheumaier auf den Erfolg von Casting-Shows zurückführt. Gitarren und E-Gitarren seien zeitlos, nach wie vor; 400 Schüler gibt es, zusammen mit dem Klavier ist die Gitarre das beliebteste Instrument. Seit einem Jahr bietet die Kreismusikschule das Projekt Band Plus an, bei dem sich nach dem Unterricht interessierte Schüler zusammenfinden, die eine Band gründen wollen. Die Lehrer geben Starthilfe.

Viele Bands haben sich dort schon so verausgabt wie zum Beispiel die Juicy Bananas. (Foto: Peter Bauersachs)

Es tut sich also etwas in der Erdinger Band-Szene. Aber ein Problem bleibt, und das wird sich auch mit noch so viel Nachwuchsarbeit nicht lösen lassen: "Die jungen Leute ziehen weg", sagt Ulrich Hofstaller, "wenn sie mit der Schule fertig sind". Und die Bands lösen sich wieder auf. Flying Penguin haben das auch gemerkt. Die Band hat nach dem Erfolg im Eiskeller vergangenes Jahr einen neuen Bassisten gesucht. In der Region aber sind die Jungs, die knapp über 20 sind, nicht fündig geworden. Ihr neues Bandmitglied kommt jetzt aus Starnberg - und nimmt für die Proben mehr als eineinhalb Stunden Anfahrt in Kauf.

Das kleine Band-Festival "s´Mic brennt" findet am Samstag, 26. September, im Sonic statt. Los geht es um 19.30 Uhr, der Eintritt kostet fünf Euro.

© SZ vom 24.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: