Erding:Im Zeichen der Inklusion

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Weg von der Fokussierung: Die "Werkstätten für Menschen mit Behinderung" ändern ihren Namen und machen als "Isar Sempt Werkstätten" einen Schritt hinein in die Mitte der Gesellschaft

Von Alexandra Maier, Erding

Die "Werkstätten für behinderte Menschen Erding und Freising" bekommen einen neuen Namen. Von Januar 2015 an heißt die Einrichtung offiziell "Isar Sempt Werkstätten". Die Entscheidung ist das Ergebnis eines langen Prozesses, sagt Einrichtungsleiter Albert Wittmann. Neben vielen Außenstehenden haben zunehmend auch Mitarbeiter der Werkstätten den alten Namen für nicht mehr zeitgemäß gehalten.

"Der alte Name fokussiert zu sehr auf den Begriff der Behinderung. Das wird unseren Leuten einfach nicht gerecht", sagt Wittmann. Ein Punkt, der nicht neu in den Überlegungen der Verantwortlichen ist. Bereits im Jahr 2003 haben die Werkstätten eine Namensänderung vollzogen: Vom ursprünglichen "Werkstätten für Behinderte" zur bisherigen Bezeichnung "Werkstätten für behinderte Menschen". In der aktuellen Diskussion um Integration und Inklusion wäre alles andere aus Sicht Wittmanns ein Schritt zurück gewesen, wie er sagt. Und so hat sich die Einrichtung vor einigen Monaten auf die Suche nach einem neutraleren Namen gemacht, der gleichzeitig auch den Bezug zur Region widerspiegelt. Umfragen in allen vier Häusern haben "kreative und auch humorvolle Ideen" zu Tage gefördert, erinnert sich Wittmann.

Dabei waren Vorschläge wie "Werkstatt der schönen Künste", "Charlie Chaplin Werkstatt" oder auch "Werkstatt am Franz-Josef-Strauß-Flughafen". "Aber so wollten wir dann wirklich nicht heißen", sagt Wittmann. Unter den eingereichten Vorschlägen hatten sich bald drei Finalisten herauskristallisiert. Der Name "Isar Sempt Werkstätten" setzte sich schlussendlich gegen "Erdinger und Freisinger Werkstätten" und "Werkstatt in Erding und Freising" durch, weil er "durch die beiden Flüsse einen sehr schönen Bezug zur Region schafft".

Für nicht mehr zeitgemäß hielten Außenstehende und Mitarbeiter den Namen der "Werkstätten für behinderte Menschen". (Foto: Peter Bauersachs)

In den vier Einrichtungen der künftigen "Isar Sempt Werkstätten" arbeiten momentan 400 Menschen mit Behinderung. Sie arbeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen: Es gibt eine Gärtnerei, wo Gestecke und Kränze gebunden und eigene Pflanzen und Blumen gezogen werden. Andere Mitarbeiter zerlegen Elektroschrott oder verpacken Bier für die Brauerei Weihenstephan. Die behinderten Menschen bauen Kopfhörer, Salz- und Pfefferstreuer, fertigen Scharniere und Schießscheibenhalter, sie bedrucken und beflocken unterschiedliche Textilien sowie andere Oberflächen und machen sogar die Landefeuer für den Flughafen. "Ich sage immer: Was wir nicht herstellen, das braucht auch keiner", sagt Wittmann. Angesichts dieser Bandbreite hätte er es falsch gefunden, weiterhin den Aspekt der Behinderung im Namen so stark zu betonen: "Man glaubt gar nicht, was diese Menschen alles können. Sie haben Spezialfähigkeiten, da kann unsereins nur staunen", sagt er. Die meisten der 400 Mitarbeiter finden den neuen Namen gut und können sich Wittmann zufolge mit ihm identifizieren. Einen Satz hat Wittmann in den vergangenen Wochen aber auch häufiger gehört. "Wir haben immer schon so geheißen, ich will mich nicht umnennen." Vor allem bei den Älteren, die sich an keinen anderen Namen mehr erinnern können, muss Wittmann dieser Tage noch Überzeugungsarbeit leisten: "Aber das bekommen wir hin."

Passend zum neuen Namen bekommen die Einrichtungen auch ein neues Logo. "Ein frischer Anstrich", sagt Wittmann. Das "Lebenshilfe-L", Kernelement des alten Logos, wird auch im neuen Logo beibehalten, rückt im neuen Schriftzug in locker, geschwungener Form jedoch weiter in den Mittelpunkt.

© SZ vom 07.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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