Erding:"Hochgradig fahrlässig"

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Der SPD-Kreisvorsitzende Martin Kern kritisiert die Flüchtlingspolitik von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) scharf

Von Florian tempel, Erding

SPD-Vorsitzende haben es nicht leicht. Die Genossen diskutieren gerne kontrovers und manche, wie Martin Kern und Benedikt Brüning, finden, es müsse noch viel mehr diskutiert werden. "Es ist nicht immer so, dass alles, was der Bundes- oder Landesvorsitzende sagt, Konsens wäre", sagt Kern zufrieden bei einem Pressegespräch im SPD-Büro in Altenerding - und Brüning nickt zustimmend. Kern ist auch Vorsitzender, aber einige Stufen weiter unten als Sigmar Gabriel und Florian Pronold. Kern ist der Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes. Er findet, er habe es auch nicht ganz leicht. Widerspruch von der Basis ist dabei jedoch nicht das Problem. Der 32-jährige Kern hat sein Amt als Kreisvorsitzender seit zwei Jahren und sagt "selbstkritisch betrachtet", sei es ihm "nur mittelprächtig gelungen", als solcher überhaupt wahrgenommen zu werden. Einen noch geringeren Bekanntheitsgrad hat der 24 Jahre alte Benedikt Brüning. Er ist seit zehn Monaten Ortsvorsitzender der SPD in Erding, was aber nur Eingeweihte wissen.

Benedikt Brüning wird nicht mehr lange SPD-Ortsvorsitzender in Erding bleiben. (Foto: Renate Schmidt)

Kern und Brüning haben zu einem Pressegespräch ins SPD-Büro in Altenerding geladen: Sie wollen auf personelle Veränderungen aufmerksam machen, den Auftakt der SPD-Kampagne "Meine Stimme für Vernunft" bekannt geben - und Kern wird zur aktuellen Flüchtlingspolitik im Landkreis Stellung beziehen.

Zuerst die Personalien: Kern sagt, er werde Ende Oktober erneut für den Vorsitz der Kreis-SPD kandidieren. Im engeren Vorstandskreis werden sich wahrscheinlich wenig ändern, nur Kassiererin Christa Nickisch wolle aufhören. Gertrud Eichinger, Ulla Dieckmann und Michael Gruber stünden hingegen "ziemlich sicher" weiter als stellvertretende Kreisvorsitzende bereit. Der Erdinger Ortsverband muss sich hingegen schon wieder von seinem Vorsitzenden trennen. Brüning sagt, er ziehe nach Darmstadt und beginne an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt ein Studium der Politikwissenschaft und der Japanologie. Wer sein Nachfolger wird? "Wir befinden uns noch in den Sondierungen", sagt Kern, Namen werden noch nicht genannt.

Die Erdinger SPD verliert in Brüning nicht nur ihren Ortsvorsitzenden, sondern vor allem einen der Jüngsten. Das sei doch "die Problematik, mit der wir auf Orts- und Kreisebene kämpfen müssen", sagt Kern. Die SPD zieht nur wenige junge Menschen an, die Parteimitglied werden und sich in der Partei engagieren wollen. Dabei "ist es ja nicht so, dass die Jungen unpolitisch" wären, sagt Brüning. Doch viele seien nur "themenbasiert" an Politik interessiert. Zum Beispiel, indem sie sich gegen transatlantische Freihandelsabkommen oder für Flüchtlinge engagieren.

Im Bezug auf die Flüchtlingspolitik im Landkreis Erding spart Kern nicht mit Kritik: Ganz generell "habe ich ein bisschen das Gefühl, dass sich die CSU ein bisschen an die AfD anbiedert". Konkret findet er, "dass vieles, was im Landkreis Erding passiert, meiner Meinung nach unvernünftig ist:. Es sei "hochgradig fahrlässig" Hochschwanger umzusiedeln und "fast schon unverschämt, dass die Vorschläge der ehrenamtlichen Helfer ignoriert" und sie sogar noch "in ein schlechtes Licht gestellt werden". Er "möchte zwar betonen, dass die Mitarbeiter des Landratsamtes sehr bemüht sind und vieles, was gut läuft, ihrer Arbeit zu verdanken ist". Dass sich aber "das Klima verschlechtert" habe und das Verhältnis zwischen den Ehrenamtlichen und dem Landratsamt "von gegenseitigem Misstrauen" geprägt werde, habe vor allem Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) zu verantworten.

© SZ vom 08.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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