Erding:Hitziger Streit endet mit Morddrohung

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Vor dem Amtsgericht wird der damalige Noch-Ehemann wegen versuchter Nötigung verurteilt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Lange Zeit hatte eine 51-Jährige alles hingenommen, was ihr an Beleidigungen und Drohungen von ihrem Ehemann an den Kopf geworfen wurde. Sogar Schläge. Und wenn sie mal den Mut gefasst hatte ihn anzuzeigen, zog sie die Anklage kurze Zeit später zurück. Doch am 12. Dezember vergangenen Jahres glaubte sie ihm, als er ihr androhte, dass er sie umbringen werde, wenn sie nicht seinen Chef anrufe und ihm sage, dass alles gelogen sei, was sie ihm über ihn erzählt habe. Sogar ein Video gibt es von dem Vorfall, das die 51-Jährige heimlich mit dem Handy aufgenommen hatte. Dummerweise hat sie aber an dem Tag nicht die Polizei angerufen, sondern erst sechs Tage später, als es wieder mal zu einem heftigen Streit kam. Die Streifenbeamten erkannten, dass das Video älter ist und so kam die Frau selber unter den Verdacht, dass sie unter Vortäuschen einer Straftat die Polizei gerufen hat. Der Angeklagte wurde letztlich vor allem wegen Nötigung zu vier Monaten Freiheitsstrafe auf vier Jahre Bewährung verurteilt.

Bei der Dorfener Polizei war das Ehepaar schon länger bekannt. Es habe oft Auseinandersetzungen gegeben, zu denen die Polizei gerufen wurde, sagte eine Beamtin der Inspektion. Zunächst sei wohl die Aggression von ihm ausgegangen, später auch von ihr. Der Angeklagte sei häufig alkoholisiert und aggressiv gewesen - auch gegenüber den Beamten. Am Schluss sei immer mehr als nur eine Streife vor Ort aus Sicherheitsgründen hingefahren. Zuletzt habe sie der 51-Jährigen deshalb gesagt, dass, wenn es so weiter geht, einer der beiden "mit den Füßen voraus rausgeht", also tot sei. Seine Drohung, er werde sie umbringen, traue sie dem Angeklagten im alkoholisierten Zustand durchaus zu.

Der Angeklagte, der ohne seine Anwältin vor Gericht gekommen war, räumte zwar ein, dass er das gesagt habe, aber das sei "nur die halbe Wahrheit". Sie habe ihm vorher mehrmals gedroht, dass sie dafür sorgen werde, dass er seinen Job verlieren werde, wenn er sich nicht ändere und das Trinken aufgibt. Irgendwann habe es ihm gereicht und er habe gesagt, dass er sie umbringen werde. Aber sie könne dies nicht Ernst genommen haben, wenn sie nicht gleich zur Polizei gehe. Und Angst könne sie vor ihm auch nicht gehabt haben, was man daran sehen könne, dass sie noch im Juli, nach der Scheidung im April, mit ihm in Urlaub gefahren sei. Er gab zu, dass sie fast jeden Tag gestritten hätten. Auch deswegen habe er getrunken und er habe sich oft in sein Zimmer zurück gezogen.

Seine Ex-Frau schildert indes ein anderes Bild. Im Laufe der Beziehung sei es immer öfters zu verbalen Streitigkeiten und später auch zur häuslichen Gewalt gekommen. Oft habe sie sich dann ruhig verhalten, weil sie bei Widersprüchen nicht wusste, was passieren könne. Er sei eigentlich jeden Tag "schlecht drauf" gewesen und habe getrunken. Er sei dann aggressiv geworden und habe sie aufs Schlimmste beleidigt. Es sei keine Ehe gewesen, sondern die Hölle, jeder Tag sei eine Gratwanderung gewesen. Er sei krank, ein Narzisst und sie habe dennoch an ihm gehangen, aber es sei nicht mehr möglich gewesen nach dem was vorgefallen sei, so oft sie früher auch Anzeigen zurück gezogen habe, im Glauben, er werde sich ändern. Nach der Trennung sei sie wie befreit gewesen. In den Urlaub sei sie mit ihm gefahren, weil er ihr leid tat, da er gesagt habe, dass es mit seiner neuen Freundin nicht klappe. Im Urlaub habe sich aber schnell gezeigt, dass sich nichts geändert habe. Seitdem seien sie völlig getrennt.

Obwohl der Angeklagte zwölf Vorstrafen hatte, unter anderem wegen Beleidigungen, Bedrohung und Körperverletzung, sah die Staatsanwältin die Bedrohung als weniger relevant an als den Versuch, damit seine Frau zu nötigen, in seinem Sinne bei seinem Chef anzurufen, dass er kein Alkoholproblem habe. Zudem sei die Morddrohung nur aus Zufall aufgetaucht, weil die 51-Jährigen das Video von vor sechs Tagen vorspielte - ob unbewusst oder bewusst blieb offen. Sie forderte vier Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung, da der Angeklagte einen festen Job habe und das Konfliktpotenzial durch die Trennung nicht mehr vorhanden sei. Auch Richterin Michaela Wawerla sah dies so. Die 51-Jährige mache zudem nicht den Eindruck, sie sei nur das Opfer. Um weiteren Taten durch den Angeklagten vorzubeugen, setzte sie die Strafe vier Jahre zur Bewährung aus.

© SZ vom 13.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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