Erding:Haftstrafe für versuchte Vergewaltigung

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Die Tat misslingt, weil sich das Opfer massiv wehrt. 35-Jähriger muss ins Gefängnis

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Der Versuch einer Vergewaltigung ist nach dem deutschen Recht mit hohen Strafen belegt. Auch wenn der Versuch schon in einem frühen Stadium stecken blieb, weil sich das Opfer massiv gegen den Übergriff wehrt. Dies musste am Mittwoch ein 35-jähriger Flüchtling am Amtsgericht Erding erfahren. Er hatte im Juni versucht, eine 53-jährige Flüchtlingshelferin in ihrer Wohnung zum Sex zu nötigen. Doch sie schaffte es rechtzeitig, den Mann mittels eines Fußtrittes von sich runter zu schubsen. Der Tritt war so stark, dass er über den Couchtisch flog. Als er wohl feststellen musste, dass er ohne weitere Gewaltanwendung nicht zum Ziel kommen wird, entschuldigte sich der Angeklagte und verließ die Wohnung. Das Schöffengericht unter Richter Björn Schindler verurteilte den Mann zu einem Jahr und neun Monaten Haft - ohne Bewährung wegen versuchter Vergewaltigung und vorsätzlicher Körperverletzung.

Bis zum 8. Juni hatte die 53-Jährige den Angeklagten gar nicht gekannt, sagte sie vor Gericht aus. Sie sei zunächst am Kronthaler Weiher mit einem anderen Flüchtling gelegen, den sie auf dem Weg dorthin zufällig getroffen habe. Später sei der 35-Jährige dazu gekommen, weil er den anderen Flüchtling kannte. Als sie dann heimgehen wollte, habe sie der Angeklagte gefragt, ob er mit ihr noch ein paar Fragen wegen seines Asylverfahrens besprechen könne. Zunächst habe sie ihn nicht mitnehmen wollte, sagte sie vor Gericht. Habe aber dann doch zugestimmt, weil es nur ein paar Minuten sein sollten.

In ihrer Wohnung habe der Angeklagte dann über alles mögliche geredet, nur nicht über sein Asylverfahren. Zweimal habe er seine Hand auf ihre Oberschenkel gelegt und diese gedrückt. Was sie sich verbeten habe, sie habe ihn aufgefordert zu gehen. Er sei aufgestanden und sie habe angenommen, dass er das nun gehe. Aber er habe gesagt, er sehe in ihren Augen, dass sie Sex brauche, und habe sie auf die Couch geworfen. Dort fixierte er sie zunächst an den Beinen und Armen, indem er sich auf sie setze. Doch um seine und ihre Hose öffnen zu können, musste er eine Hand von ihr wegnehmen. Dies, so die 53-Jährige, habe sie genutzt, um ihn zunächst mit einer, dann mit zwei Händen zu würgen, "bis ihm die Augen raus traten". Und irgendwann schaffte sie es, einen Fuß unter seinen Oberkörper zu schieben. Der Stoß beförderte ihn über den Couchtisch auf den Boden, wo er offensichtlich von der Massivität des Widerstands bedröppelt erst einmal gelegen sei. Nach der Entschuldigung sei er gegangen. Für die Angegriffene war die Sache damit erledigt, sagte sie. Der Vorfall habe sie zwar noch zwei bis drei Wochen beschäftigt, aber sie habe die Sache verdrängt bis zur Vorladung ans Gericht. Eine Anzeige habe sie damals nicht in Erwägung gezogen.

Ins Rollen brachte alles eine andere Sache. Die Flüchtlingshelferin ging zur Polizei, weil sie seit der Verhaftung dreier Flüchtlinge bei einer Drogenrazzia in der Asylbewerberunterkunft über Whatsapp und mittels Anrufen von Handys mit nigerianischer Vorwahl bedroht wurde. Ebenso eine andere Flüchtlingshelferin. Sie habe damals vermutet, dass der 35-Jährige von der sogenannten Nigeria Connection beauftragt worden sei. "Erst als ich den Vorfall mit ihm erwähnte, war die Polizei interessiert, bei den Anrufen weniger", sagte die 53-Jährige. Der 35-Jährige wurde von der Kripo ermittelt, die Staatsanwaltschaft erhob Anklage.

Für die Staatsanwaltschaft war auch nach der Beweisaufnahme erwiesen, dass es sich um den Versuch einer Vergewaltigung gehandelt habe. Unter Einsatz massiver Gewalt, geplant seit dem Kronthaler Weiher und auch noch in einem eigentlich geschützten Bereich, der Wohnung des Opfers, ausgeführt. Dass sich der Angeklagte geständig zeige und auch entschuldige, sei kein Grund, unter dem Mindeststrafmaß von zwei Jahren zu bleiben. Er forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Der Verteidiger erklärte, dass es sich nicht um eine geplante Vergewaltigung gehandelt habe, sondern um einen Beziehungsversuch, der eskaliert und dann schief gelaufen sei. Er forderte, unter zwei Jahren zu bleiben und die Strafe zur Bewährung auszusetzen. Für das Schöffengericht stand aber fest: Die Sache ist nur deshalb "glimpflich" für die Frau ausgegangen, weil sie kein "normales" Opfer gewesen sei, sondern sich als äußerst wehrhaft heraus gestellt hatte.

© SZ vom 08.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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