Erding:Gewaltbereit wie noch nie

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Der Polizei bereitet die nach steigendem Alkoholkonsum zunehmende Enthemmung einiger Herbstfestgänger Sorge. Die Sanitätswache erlebt dagegen einen "ganz normalen, eher ruhigen" Verlauf

Cornelia Weber

Bereits die Zwischenbilanz deutete es an, nun hat es sich bestätigt: Die Besucher des 72. Erdinger Herbstfestes waren so gewaltbereit wie in keinem Jahr zuvor. Der Grund: zunehmender Alkoholkonsum, nicht selten unter Jugendlichen. Die Zahlen sprechen für sich: Während der zehn Tage wurden elf Personen zur Ausnüchterung in polizeilichen Gewahrsam genommen und 19 Volksfestgängern musste aufgrund ihrer Trunkenheit polizeiliche Hilfe geleistet werden. 26 Körperverletzungen registrierte die Polizei, das sind mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor. "Bei allen Körperverletzungsdelikten standen die Beteiligten unter teilweise nicht unerheblichem Alkoholeinfluss", sagte Anton Altmann, Leiter der Polizeiinspektion Erding. "Sorge bereitet der Polizei die offensichtlich mit steigendem Alkoholkonsum verursachte zunehmende Enthemmung vereinzelter Volksfestgänger."

Das Volksfest ist zu Ende, die Zelte werden abgebaut. (Foto: Renate Schmidt)

Noch beunruhigender ist der Blick auf jugendliche Herbstfestbesucher: "Im Bereich des Jugendschutzes ergab sich ein ausgiebiges Betätigungsfeld für die eingesetzten Beamten", bilanzierte Altmann. Die Polizei ertappte neun Jugendliche unter starkem Alkoholeinfluss plus 74 jugendliche Raucher. Das Jugendamt ist in allen Fällen bereits eingeschaltet. Über die sechs 15-jährigen Jugendlichen, die mit Alkoholwerten zwischen 1,48 und 1,86 Promille am ersten Wochenende festgenommen wurden, hatte die Süddeutsche Zeitung bereits berichtet.

Als positiv vermeldete die Polizei einen leichten Rückgang an Diebstählen. Statt 13 wie im Vorjahr sind heuer zwölf Delikte zu verzeichnen, darunter sieben Maßkrugdiebstähle. Auch im Verkehrsbereich verhielten sich die Festbesucher weitgehend verantwortungsvoll. "Offensichtlich ist der kostenlose Bus eine ganz tolle Idee", folgerte der Erdinger Bürgermeister Maximilian Gotz. Lediglich eine Autofahrerin erwischten die Beamten alkoholisiert am Steuer. Ihr droht nun Fahrverbot und eine Geldbuße. Vier weitere konnten rechtzeitig abgepasst und ihnen die Fahrt untersagt werden. Ein Radfahrer musste sich einem Alkoholtest mit Blutentnahme unterziehen. Im Umfeld des Volksfestplatzes registrierten die Ordnungshüter vier Verkehrsunfälle.

Naturgemäß war die Polizei besonders an den Wochenenden im Einsatz. In der Wochenmitte verlief das Fest ruhiger. Allerdings musste, wie auch in den Jahren zuvor, der Polizeieinsatz vom Volksfestgelände auf den Stadtbereich ausgeweitet werden. Hier bereitete so mancher Besucher seinen Festbesuch nach. "Das, was die Polizei an den Festtagen leistet, Hut ab", lobte Gotz die Polizeitätigkeiten. Auch das Engagement zahlreicher ehrenamtlicher Helfer sei nicht zu verkennen. Vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK), über Feuerwehr bis hin zu zahlreichen Vereinen - Gotz möchte diese "schönen, bürgerschaftlichen Strukturen bewahren".

Trotz der zunehmenden Gewaltbereitschaft, verstärkt auch mit Maßkrügen, resultierten daraus keine schwerwiegenden Verletzungen für die Beteiligten. "Alles in allem ein ganz normales, eher ruhiges Herbstfest für die Sanitätswache ", erklärte Danuta Göppert, Pressesprecherin und Ausbildungsleiterin des BRK Erding. Die Sanitätsstation auf dem Festgelände war 111 Stunden einsatzbereit, 40 Sanitäter arbeiteten im Schichtwechsel. 50 Versorgungen lassen sich verzeichnen, von Insektenstichen bis hin zu Kreislaufproblemen. Ein Kind brach sich beim Stolpern den Arm, ein angetrunkener Volksfestgänger fiel von einer Laterne herunter. "Rein alkoholbedingte Ursachen waren eher selten", berichtete Göppert. Seitens der Festwirte scheint eine Bilanz bislang nicht möglich, Absatzzahlen geben die Brauereien noch nicht heraus.

Polizeiinspektor Altmann appelliert an die Volksfestbesucher: Zukünftig solle die Regel "weniger ist mehr" besser beherzigt werden. Sowohl Veranstalter als auch Gewerbetreibende seien stark darum bemüht, den Charakter des Erdinger Herbstfestes zu wahren. Daher solle der Festplatz, entgegen den "Spaßgesellschaft"-Überlegungen à la "immer noch mehr", wie Gotz es nannte, auch nicht vergrößert werden. Das Herbstfest sei heuer laut Gotz keine "Rekordwiesn", doch zähle es zu den freundlichsten und preislich attraktivsten Volksfesten der Region. Und das soll es auch bleiben.

© SZ vom 11.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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