Erding:Gefragte Waffenbesitzkarten

Lesezeit: 2 min

Landkreisbürger rüsten mit Gasrevolvern und Schreckschusspistolen auf. Damit liegen sie im Landestrend. Grüne warnen vor bewaffneten Reichsbürgern und Neonazis

Von Thomas Daller, Erding

Bayerns Bürger rüsten auf: Vor allem Schreckschusspistolen und Gasrevolver, die mit einer kleinen Waffenbesitzkarte erworben werden können, sind gefragt. Die Anzahl dieser erteilten kleinen Waffenbesitzkarten hat in den vergangenen Jahren zugenommen, bayernweit und auch im Landkreis Erding. Die Karten sind allerdings kein Waffenschein: sie berechtigen nur zum Besitz bestimmter Waffen, sie dürfen jedoch nicht in der Öffentlichkeit geführt werden. Laut Auskunft des Landratsamtes waren zum Stichtag 31. Dezember 2018 insgesamt 2287 Personen im Besitz einer gültigen Waffenbesitzkarte. Die meisten davon besitzen mehrere erlaubnispflichtige Waffen; insgesamt sind im Landkreis Erding 11 351 Schusswaffen registriert.

Das Interesse an kleinen Waffenscheinen war viele Jahre sehr gering. So wurden im Landkreis Erding im Jahr 2012 lediglich 21 kleine Waffenscheine erteilt. 2016 gab es dann geradezu einen Ansturm: 416 kleine Waffenscheine wurden erteilt. Die extrem gestiegene Zahl wird vorrangig als Reaktion auf Sexual-, Eigentums- und Körperverletzungsdelikte durch junge männliche Migranten betrachtet wie beispielsweise in der Kölner Silvesternacht 2015/16. Seither ist das Interesse an kleinen Waffenscheinen wieder zurückgegangen. 2018 hat das Landratsamt Erding 70 kleine Waffenscheine erteilt.

Bei scharfen Schusswaffen wird der sogenannte große Waffenschein weitaus restriktiver gehandhabt. Dieser Waffenschein nach § 19 Waffengesetz erlaubt es "gefährdeten Personen" Waffen außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräumen, des eigenen befriedeten Besitztums oder in einer Schießstätte mitzuführen. Laut Auskunft des Landratsamtes werden diese Waffenscheine nur aufgrund einer Bewachungstätigkeit mit entsprechenden Aufträgen erteilt. Davon gab es zum Stichtag 31. Dezember 2018 im Landkreis Erding insgesamt lediglich elf.

Der Landkreis Erding liegt bei der Aufrüstung mit dem kleinen Waffenschein im bayernweiten Trend. Die Zahlen hat das Innenministerium kürzlich auf Anfrage von Grünen-Chefin Katharina Schulze zusammengestellt. Sie findet den Trend in hohem Maße besorgniserregend: "Spätestens nach dem rechtsradikalen Mord an Walter Lübcke muss noch konsequenter verhindert werden, dass Neonazis und sogenannte Reichsbürger Waffen in die Hände bekommen", sagt die Landtagsabgeordnete. Laut Innenministerium ist die Zahl der Waffenbesitzkarten, die zum Erwerb und besitz einer Schusswaffe berechtigen, 2018 auf den höchsten Stand der vergangenen Jahre gestiegen. Mehr als 400 000 Menschen verfügen über diese, sechs Prozent mehr als 2014. Gestiegen ist auch die Zahl der Schreckschusswaffen. 2018 gab es bayernweit mehr als 100 000 "kleine Waffenscheine", die zum Führen einer Schreckschusswaffe außerhalb der eigenen Wohnung berechtigen. Das sind 130 Prozent mehr als vier Jahre zuvor. Die Zahl der "großen" Waffenscheine ist dagegen leicht gesunken.

Ende 2017 waren den Behörden laut Ministerium 136 Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum mit einer waffenrechtlichen Erlaubnis bekannt, 2018 waren es bereits 191. Nach Angaben des Innenministeriums sei die Steigerung im Wesentlichen auf eine deutliche Zunahme bei kleinen Waffenscheinen zurückzuführen. Das Landesamt für Verfassungsschutz habe die zuständigen Waffenbehörden in mehr als 170 Fällen über rechtsextremistische Betätigungen von Personen mit einer waffenrechtlichen Erlaubnis informiert.

Wie häufig bayerische Waffenbörden die waffenrechtlichen Erlaubnisse von Rechtsextremisten 2018 widerrufen haben, kann das Ministerium nicht sagen. Diese Prüfung sei derzeit noch nicht abgeschlossen.

© SZ vom 25.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: