Erding:Falsch gedacht

Lesezeit: 1 min

23-Jähriger zieht auf Rat des Richters Einspruch zurück

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, heißt es. Die heutige strafrechtliche Irrtumslehre geht davon aus, dass eine im Irrtum begangene Straftat nicht bestraft werden kann beziehungsweise milder bestraft wird, wenn der Irrtum hätte vermieden werden können. Dem Täter muss bei Begehung der Tat die Einsicht fehlen, Unrecht zu tun. Im Falle eines 23-Jährigen war die Unwissenheit allerdings mehr auf das deutsche Strafrecht bezogen und nicht darauf, dass er mittels Nachrichten eine Frau beleidigt und bedroht hatte. Ersteres räumte er ein, zweiteres nicht.

Der 23-Jährige hatte im März über Instagram einen Dialog mit der Frau geführt. Nachdem er sich zuvor am Erdinger Bahnhof über das Verhalten eines ihr offenbar Bekannten geärgert habe, wie er sagte. Der Mann habe ihm den Mittelfinger gezeigt. In den Nachrichten beschimpfte er sie unflätig und schickte ihr Fotos von Waffen, sowie Baseballschlägern und Patronen, die wohl unterstreichen sollten, was ihr drohe - laut dem Angeklagten aus Eritrea aber keine Waffen, sondern "Spielzeug" aus seiner Kindheit. Was Richter Andreas Wassermann zur Bemerkung verleiten ließ, dass er wohl eine sehr wilde Kindheit hatte. Der 23-Jährige meinte, er habe sich jedenfalls beim Versenden der Bilder nichts gedacht.

"Falsch gedacht", sagte Wassermann zum Angeklagten. Auch wenn er es nicht gewusst haben mag, hätte er sich denken können, das sein Verhalten strafbar ist. Er frage sich, was der Angeklagte, der ohne Anwalt gekommen war, mit seinem Einspruch gegen den Strafbefehl über eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30 Euro bezwecke. Er habe Angst, dass er dann vorbestraft sei und vielleicht seinen Job verliere. Vorbestraft sei er erst ab einer Strafe von 91 Tagessätzen, klärte ihn der Richter auf und riet im dringend den Einspruch zurück zu ziehen. Auch aus einem anderen Grund: die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Strafbefehl das Einkommen nur geschätzt. Vor Gericht gab der Mann aber an, dass er das Dreifache verdiene - womit sich bei einem Urteil auch der Tagessatz wohl verdreifacht hätte. Wohl angesichts der Hilflosigkeit des 23-Jährigen vor Gericht akzeptierte der Staatsanwalt die Rücknahme des Einspruchs.

© SZ vom 28.06.2021 / wil - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: