Auszeichnung im Schrannensaal:Erding ist jetzt Fairtrade-Stadt

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Bundesminister Gerd Müller (dritter von rechts) überreicht an den Erdinger Oberbürgermeister Max Gotz die Fairtrade-Urkunde. (Foto: Peter Bauersachs)

Die Urkunde ist auch eine Auszeichnung für das Engagement der Bürger. Bundesminister Gerd Müller mahnt in seiner Rede, dass sich der Welthandel grundlegend ändern müsse - noch sei er "Auslöser für große Fluchtbewegungen"

Von Florian Tempel, Erding

Seit Freitagabend darf sich Erding Fairtrade-Stadt nennen. Die Große Kreisstadt ist damit in den Kreis von etwa 370 deutschen Kommunen aufgenommen, die sich der Förderung des fairen Handels verschrieben haben. Mit der Verleihung der Zertifizierungsurkunde bei einem Festakt im Schrannensaal der Kreis- und Stadtsparkasse wurde aber auch das langjährige Engagement von vielen ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern gewürdigt.

Die Anfänge der Fairtrade-Bewegung in Erding reichen weit zurück. Als erste Aktion gilt der Verkauf von bolivianischen Webwaren in der Pfarrei St. Vinzenz 1969. Der Ursprung des heutigen Erdinger Weltladens in der Maurermeistergasse ist ein 1992 in einer Baracke des evangelischen Gemeindezentrums Altenerding eröffnetes winziges Lädchen. 2013 gründete sich der Verein Weltladen Erding e.V., dem momentan 57 Mitglieder angehören - "überwiegend Frauen und einige Quotenmänner", wie Jürgen Bickhardt anmerkte, der anstelle der verhinderten Kabarettistin Monika Gruber als Moderator durch den Festabend führte.

Den ersten Schritt zur offiziellen Fairtrade-Stadt setzte der Stadtrat mit einem einstimmigen Beschluss am 21. Mai dieses Jahres. Gleichzeitig wurde eine Steuerungsgruppe eingesetzt, der Mitglieder des Weltladen-Vereins, des bereits als Fairtrade-Schule anerkannten Anne-Frank-Gymnasiums, des Afrika Freundeskreises Erding sowie Vertreter der lokalen Gastronomie und der Stadtverwaltung angehören. Carina Bischke, Sprecherin der Steuerungsgruppe, legte dar, welche Aktivitäten zur Förderung des Fairen Handels in nächster Zeit geplant sind: Die Mädchenrealschule und die Grund- und Mittelschule am Lodererplatz beteiligen sich an der Kampagne "Fairtrade Schools"; in Zusammenarbeit mit dem Katholischen Bildungswerk findet am 26. November ein Vortrag mit dem Titel "Nachhaltige und faire Kleidung ist möglich" statt; die Kinder-Uni der VHS Erding thematisiert im kommenden Jahr "Die Reise meines T-Shirts" und "Wo kommen eigentliche Bälle her?"; in einer Sponsoring-Aktion mit Erdinger Sportgeschäften und Banken erhalten die etwa 40 Jugendmannschaften in der Stadt Fairtrade-Fußbälle mit dem Slogan "Erding spielt fair!"; und im Juni 2016 ist ein dreitägiger "Immersatt Food Market" mit einem verkaufsoffenen Sonntag unter dem Motto "Fair handeln und behandeln" geplant.

Als Hauptredner des Abends war der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gerd Müller (CSU), gekommen. Oberbürgermeister Max Gotz, die bayerische Umwelt- und Verbraucherministerin Ulrike Scharf und der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz (alle CSU) sowie der Vorstand des Eine-Welt-Netzwerkes Bayern, Alexander Fonari, sprachen Grußworte. Bundesminister Müller hielt ein klares Plädoyer für den Fairen Handel: Der Welthandel müsse sich "grundlegend" ändern, denn "unser Wohlstand baut ganz erheblich auf der Armut und der Ausbeutung anderer auf, wir beuten Natur, Umwelt, Ressourcen und Menschen in den Entwicklungsländern aus". Die Welt habe durch den freien, aber nicht fairen Handel ein massives "Gerechtigkeitsproblem", das auch ein "Auslöser für große Fluchtbewegungen" sei.

Und da Bayern "die Vorstufe zum Paradies" sei, wie dies Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) immer wieder sage, dürfe man sich prinzipiell nicht wundern, dass so viele Menschen hierher kommen wollen. "Können wir es den Menschen verwehren, auch so ein Leben anzustreben, wie wir es leben?", fragte Müller - und gab die Antwort: "Nein, das können wir nicht."

© SZ vom 19.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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