Erding:Ein Frauenhaus zu Fixkosten

Lesezeit: 3 min

Die CSU will die Zuwendungen für den Schutz von Opfern häuslicher Gewalt künftig deckeln

Von Florian Tempel, Erding

Thomas Bauer hat es derzeit gut getroffen. Er ist mit der Familie im Urlaub an der Riviera, zum Entspannen und Erholen. Doch auch fern der Heimat lässt den Vorsitzenden der CSU-Kreistagsfraktion die Erdinger Kommunalpolitik nicht los. Bauer hat sich zum Thema Frauenhaus zu Wort gemeldet. In einem Schreiben und einem Telefonat erläutert er, warum er am bisherigen Vorgehen von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) nichts Kritikwürdiges erkennen könne. Und er erklärt auch, wie es nach der Kündigung des bisherigen Frauenhausträgers, des Sozialdiensts katholischer Frauen (SkF) München, weiter gehen soll.

Der wesentliche Punkt sei dabei, sagt Bauer, dass der Landkreis Erding seinem Frauenhaus in Zukunft einen festen Betrag überweisen werde. "Es wird kein Defizitausgleich eins zu eins mehr erfolgen." Der künftige Fixbetrag werde bereits Teil der Ausschreibung. Damit mache man den potenziellen Frauenhaus-Betreibern - Landrat Martin Bayerstofer (CSU) hatte zuletzt von fünf Interessenten gesprochen - die klare Ansage, "ihr müsst schauen, ob ihr damit das Frauenhaus betreiben könnt oder nicht." Wer es für den festgelegten Betrag nicht machen könne oder wolle, komme dann eben nicht in Frage. Wie hoch der Festbetrag ist, wollte oder konnte Bauer nicht sagen: "Das legt das entscheidende Gremium fest." Das ist der Kreisausschuss des Kreistags. Fest steht derzeit nur, dass die Ausschreibungskriterien in einer nicht öffentlichen Sitzung beraten und beschlossen werden. Dass es nach seinen Vorstellungen gehen wird, darf sich Bauer ziemlich sicher sein. Landrat Bayerstorfer und die CSU haben im Kreisausschuss die absolute Stimmenmehrheit. Wer später den Zuschlag erhalte, werde ebenfalls in nicht öffentlichen Sitzung entschieden und danach lediglich bekannt gegeben. Die von der SPD, den Freien Wählern, den Grünen und der ÖDP beantragte öffentliche Kreisstagssitzung zum Thema Frauenhaus hält er für überflüssig: "Was man da diskutieren will, weiß ich auch nicht genau."

Bauer machte weiter deutlich, dass ihn in der Debatte über die angeblich zu hohen Kosten des seit 25 Jahren vom SkF geführten Erdinger Frauenhauses Vergleiche mit anderen Frauenhäusern nicht sonderlich interessierten. Maßstab für Erding sei das für die öffentliche Hand deutlich günstigere Freisinger Frauenhaus und kein anderes. Warum Freising günstiger arbeite, weiß Bauer nicht. Es ist ihm aber auch gar nicht wichtig. Er sieht auch nicht ein, dass Landrat Bayerstorfer sich darüber hätte kundig machen sollen. Er sagt: "Der SkF hätte herausfinden müssen, warum in Freising das Defizit geringer ist."

Die Kosten seien allerdings, sagt Bauer, gar nicht der alleinige Kündigungsgrund gewesen. Vielmehr sei "die Rechtslage", die Bayerstorfer zu einer Kündigung im Alleingang gezwungen habe. Bauer konnte es nicht genau erklären, versicherte aber, Juristen im Landkreis hätten dargelegt, man müsse jeden Vertrag, der vier Jahre hintereinander jährlich mehr als 50 000 Euro Kosten verursache, kündigen und neu ausschreiben. "Aufgrund der Rechtslage hätte der Kreisausschuss auch nicht anders entscheiden können."

Elke Prumbach, die Geschäftsführerin des SkF München, versicherte, dass vergaberechtliche Argumente in den Verhandlungen mit Bayerstorfer vor und nach der Kündigung nie zu Sprache gekommen seien. Im finalen Gespräch habe Bayerstorfer gesagt, "es gebe andere Träger, die es für 100 000 Euro machen würden" - was 60 000 Euro weniger wären als beim SkF. In den zwei Verhandlungsgesprächen zuvor, so Prumbach, habe Bayerstorfer weniger über das Frauenhaus und vor allem über die Interventionsstelle gesprochen.

Der Landkreis Erding zahlt mit 37 500 Euro einen sehr hohen Betrag für eine solche Einrichtung. Tatsächlich zahlen andere Landkreise viel weniger. Der Landkreis Rosenheim überweist dem Träger der dortigen Interventionsstelle nur 4000 Euro. Allerdings leisten auch die Stadt Rosenheim und der Landkreis Miesbach Beiträge. In Wolfratshausen koste die Interventionsstelle den dortigen Landkreis gerade mal 1500 Euro im Jahr. Die Unterschiede sind so gravierend, weil der Freistaat bei vielen erst seit kurzem existierenden Interventionsstellen, wie der in Wolfratshausen, den Großteil der Kosten als Anschubfinanzierung übernimmt. Die Erdinger Interventionsstelle ist schon zehn Jahre alt. In ihren ersten zwei Jahren wurde sie vom Erzbistum München finanziert. Sie ist eine der erste ihrer Art in Bayern und somit auch Vorbild für die anderen, nun vom Staat kräftig geförderten Interventionsstellen. Dazu kommt, dass die Erdinger Stelle personell besser ausgestattet ist als viele andere und von einer sehr erfahrenen und tariflich dementsprechend hoch eingestuften Frau geleitet wird.

© SZ vom 10.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: