Erding:Ein bisschen Pink Floyd

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Pfarrer Föckersperger ist kein Mann großer Gesten und hat Erding doch geprägt. Am Sonntag wird er verabschiedet

Von Sebastian Fischer, Erding

Kurz ist nur eine Stimme zu hören, dann sehen die Schüler in St. Johannes den Pfarrer. Wie eine Erscheinung taucht er hinter der Leinwand auf, die langsam hinunterfährt, und Reinhold Föckersperger sagt: "Habt Vertrauen!"

Es war kein geplanter Bühneneffekt, Selbstinszenierung ist dem Erdinger Stadtpfarrer und Landkreisdekan fremd, und es sollte ja ohnehin gar nicht um ihn gehen, sondern um die Absolventen der Mittelschule am Lodererplatz, die am Freitagvormittag den Gottesdienst besuchten. Auf der Leinwand zeigten sie Bilder von Indios in Südamerika, die eine Brücke über eine tiefe Schlucht bauen, es war eine Metapher für Vertrauen und Zuversicht vor den schwierigen Aufgaben der Zukunft. Na gut, ein wenig fand er sich darin schon wieder. "Freilich", gibt Föckersperger später in seinem Büro gegenüber der Kirche zu. Denn nach 16 Jahren als Stadtpfarrer endet seine Zeit in Erding: Von September an ist er Pfarrer in Moosburg und Pfrombach, Landkreis Freising. Am Sonntag beim Pfarrfest wird er verabschiedet.

"Es war eine besondere Zeit, aber es schadet auch nicht, eine neue Herausforderung anzunehmen", sagt Föckersperger. Über das, was er in Erding geleistet hat, sollen lieber andere sprechen, findet er. Etwa Oberbürgermeister Max Gotz (CSU): "Er ist mit sehr viel Feinsinn auf die Menschen zugegangen. Vieles, was er geleistet hat, wird die Öffentlichkeit nie erfahren. Er ist niemand für große Gesten."

Föckersperger selbst sagt: "Ich habe eben kein Sendungsbewusstsein." In Erding ist der gebürtige Landshuter seit 1988, zunächst als Kaplan. Als Landkreisdekan hat er mit großem Engagement auf den Personalmangel reagiert, den Pfarrverband Erding-Langengeisling gebildet, "mit großer Weitsicht", sagt OB Gotz. Im August wird sich Föckersperger ins Goldene Buch der Stadt eintragen.

Ohne provozieren zu wollen hat er doch seine eigene Meinung zu den Herausforderungen der Kirche. "Es geht nicht darum, nur zu glauben und brav zu beten", Kirche dürfe auch politisch sein und müsse sich ändern, gewiss. Er plädiert für die volle Teilhabe Geschiedener am kirchlichen Leben, er hätte auch kein Problem damit, Homosexuelle zu trauen: "Alle Partnerschaften, die auf Liebe begründet sind, verdienen einen Segen." Außerdem müsse der Dialog mit der muslimischen Gemeinde gestärkt werden, gerade in Erding: "Es ist wichtig, dass man sich besser kennenlernt." Allerdings müsse alles stets im Auftrag des Bischofs geschehen. Soll heißen: Er will die Kirche von Erding aus nicht verändern, und auch nicht in Moosburg. Viel will er dort erst einmal nicht anders machen. Nächstes Jahr wird er 60, dann sind es noch zehn Jahre bis zum Ruhestand.

Vielleicht charakterisiert den Pfarrer Föckersperger am besten der Kulturliebhaber Föckersperger. Er schätzt Kunst und Klassik, die Symphonien von Bruckner, Mozart, Wagner, "aber es darf auch mal Pink Floyd sein - nur kein Heavy Metal." Der Pfarrer ist ein Mann des Mittelwegs zwischen Vergangenheit und Moderne: "Ich will die Tradition schützen und offen für Neues sein", sagt er. Noch so ein Beispiel: Föckersperger wollte nach dem Theologiestudium kurz mal Mönch werden, lebte in der Abtei Heiligenkreuz im Wienerwald. "Aber das war mir zu eng", sagt er. Jetzt fährt Föckersperger noch einmal jährlich ins Kloster, und hält außerdem Kontakt mit den Mönchen, er lacht: "Die haben alle Facebook."

In Erding hat er registriert, dass der Einfluss der Kirche schwindet, doch auch viel Positives erlebt, den Menschen Ängste genommen, Hoffnung vermittelt. "Ich bin hier angenommen worden", sagt er. Dass sein Nachfolger, der frühere Militärseelsorger Martin Garmaier, hier manches ändern könnte, vielleicht forscher auftreten wird, stört ihn nicht: "Ich kann mir vorstellen, dass er neuen Wind rein bringt, das ist bestimmt nicht schlecht."

Die Metapher mit der Brücke, die gilt dann doch nur bedingt. Denn Garmaier will er in Ruhe arbeiten lassen. Er sagt: "Ich werde auf der Brücke nicht hin und her wandern."

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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