Umgang mit Polizisten und Sanitätern:Zunehmend respektlos

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Immer häufiger werden Polizeibeamte, Feuerwehrleute und Sanitäter bei ihrer Arbeit behindert, angepöbelt, beschimpft, beleidigt und körperlich angegangen.

Von Florian Tempel, Erding/Dorfen

Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte erleben immer öfter bei ihren Einsätzen Respektlosigkeit und Aggressivität. Zunehmend werden sie bei ihrer Arbeit behindert, angepöbelt, beschimpft, beleidigt und körperlich angegangen. Was vor 15 Jahren noch seltene Ausnahmen waren, gehört heute für Polizeibeamte, Sanitäter und Feuerwehrleute fast schon zum Arbeitsalltag. "Es hat sich definitiv verschlimmert", sagt der Leiter der Polizeiinspektion Dorfen, Ulrich Milius, "und es ist ein stetig steigender Prozess." Willi Vogl, als Kreisbrandrat oberster Feuerwehrmann im Landkreis, bestätigt das: "Es ist tatsächlich so, das passiert immer öfter."

Milius muss für einen typischen Fall nicht lange in seinem Gedächtnis kramen. Erst am vergangenen Wochenende hatten zwei junge Kollegen, die bei einer etwas laut geratenen Feier am Regenrückhalteweiher in Dorfen vorbeischauten, dort einen sehr unangenehmen Einsatz. Die Polizeibeamten, die nach Klagen von Anwohnern eine Gruppe Jugendlicher zu mehr Ruhe ermahnen wollte, seien gleich nach ihrem Eintreffen, noch bevor sie überhaupt etwas gesagt hatten, "massiv angepöbelt und beschimpft worden". Quasi als Höhepunkt habe man ihnen das Autokennzeichen von ihrem Streifewagen geklaut. Auch Bodo Urban, stellvertretender Inspektionsleiter in Erding, kennt das. Viele würde sich nicht einmal mehr anhören wollen, warum die Polizei bei ihrer Feier aufkreuzt. In demselben Maß, wie manchem Partyveranstalter die Nachbarn egal seien, werde auch das Auftreten von Polizeibeamten mit überheblicher Ignoranz quittiert. Je besser das Wetter, je schöner und lauer die Abende und Nächte, desto mehr Ärger stehe der Polizei ins Haus, sagt Urban: "Das wird in den kommenden Sommermonaten noch ein häufiges Thema."

Neben schwierigen Partyeinsätzen gibt es eine zweite typische Konstellation, die Polizeibeamten zunehmend zu schaffen macht. Milius nennt als Beispiel einen Vorfall beim Hemadlenzn-Umzug in Dorfen. Als Polizeibeamte nach einem Streit wegen angeblicher Grapscherei die Personalien einiger Männer aufnehmen wollte, versuchten völlig Unbeteiligte, sie daran zu hindern, schubsten und beleidigten sie. "Polizeiliches Handeln wird durch solche Leute grundsätzlich infrage gestellt", sagt Milius. Einmischer brauchten dazu offenbar keinen Anlass. Sie seien anscheinend der Ansicht, es sei ein Grundrecht, der Polizei gegenüber die Personalien zu verweigern: "Die schreien rein, du brauchst denen gar nichts sagen, die dürfen das gar nicht." Urban sieht es so: "Viele haben kein Verständnis für unsere Arbeit. Dabei ist es doch grundlegend, dass wir die Personalien aufnehmen."

Der Mangel an Respekt betrifft nicht nur Polizeibeamte. Auch Sanitäter und Feuerwehrleute, die durch ihre Funktionskleidung eindeutig als solche zu erkennen sind, klagen immer öfter über Behinderungen und sogar Angriffe. Die maximale Eskalation in dieser Hinsicht ereignete sich am Erdinger Schrannenplatz in der Neujahrsnacht vor zwei Jahren. Rettungskräfte im Einsatz wurden damals mit Böllern beworfen und ihr Rettungswagen mit Silvesterraketen beschossen. Als die Polizei zur Hilfe kam, erging es den Streifenbeamten nicht besser.

Feuerwehrleute erleben, vor allem wenn sie nach Unfällen oder bei Großveranstaltungen den Verkehr umleiten, ebenso herausfordernde Ignoranz von Autofahrern. Eigentlich sei das unfassbar blöd, sagt Kreisbrandrat Willi Vogl: "Du sperrst ab, weil man da doch eh nicht durchkommt." Der Feuerwehrmann, "der da ja nicht zur Gaudi steht", müsse sich aber dumm anreden lassen, obwohl er dankenswerter Weise den richtigen Weg weise. In Erding habe ein renitenter Autofahrer, der partout kein Einsehen haben wollte, sogar einmal einen Feuerwehrmann mit seinem Wagen angefahren, nur um stur seinen Weg fortzusetzen, der wenige Hundert Meter weiter versperrt war.

Woran das alles liegt? Milius, Urban und Vogl wissen es nicht. Es ist ein Phänomen, das sie registrieren und das zunimmt. Doch auch eines, das sie ratlos zurücklässt.

© SZ vom 05.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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