Erding:Die Zukunft in der Hosentasche

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Einfach ranhalten und es biept: So stellen sich die Kreditkartenfirmen und Banken die Zukunft des Bezahlens vor. (Foto: Visa)

Schneller an der Kasse: Immer mehr Erdinger Banken ermöglichen es, mit ihren Karten kontaktlos zu bezahlen. Kaum ein Kunde weiß allerdings davon

Von Mathias Weber, Erding

Die Kassiererin schaut ein wenig ratlos. "Kontaktlos?", fragt sie, und erinnert sich: Da war ja was, kein Problem. Und tatsächlich, sie scannt die letzten Produkte ein. Wein, Pommes, Käse - biep, biep, biep. Der Kunde reicht ihr die Kreditkarte, sie hält sie an das Lesegerät, wieder ein Biep, und die Einkäufe sind bezahlt. Kein Pin, keine Unterschrift - "auf Wiedersehen", bis zum nächsten Mal.

Der Selbstversuch hat geklappt. Im Hit-Supermarkt in Klettham ist es problemlos möglich, kontaktlos an der Kasse zu bezahlen. Der Supermarkt liegt damit im Trend: Immer mehr Geschäfte bieten ihren Kunden an, kontaktlos zu bezahlen. Es ist ein kleiner Vorgang, der - aus Sicht der Finanzindustrie - viele Nerven sparen kann: Man muss seine Kredit- oder EC-Karte nicht mehr in das Lesegerät stecken, sondern hält sie einfach vor, ein Biep bestätigt die Zahlung. Möglich macht das ein sogenannter NFC-Chip, mit dem, so heißt es von den Erdinger Banken, nach und nach alle in Zukunft ausgegebenen Karten ausgestattet werden sollen. Viele Erdinger werden es vielleicht gar nicht wissen, aber möglicherweise erlaubt ihre Karte im Geldbeutel schon das kontaktlose Zahlen; die meisten Erdinger Geldinstitute geben mittlerweile Kreditkarten aus, die über einen NFC-Chip verfügen.

Zeit also, sich mit dieser Technologie zu befassen, von der der Marketingleiter der Erdinger Raiffeisenbank, Josef Nunberger, sagt: "Das wird sich durchsetzen." Kontaktloses Bezahlen bedeutet in der Tat, dass kein physischer Kontakt mehr zwischen dem Lesegerät und der Karte nötig ist. Das Gerät zeigt im Normalfall an, dass kontaktloses Bezahlen möglich ist: "Einstecken oder auflegen", heißt es dann. Der Praxistest zeigt, dass der Bezahlvorgang tatsächlich ein paar Sekunden schneller vonstatten geht. Das kann man belächeln, aber Nunberger weist darauf hin, dass sich das die Zeitersparnis natürlich läppert. Die Kunden hinter einem werden sich freuen, wenn alles schneller geht.

Welche Sicherheitsvorkehrungen aber für den Vorgang nötig sind, das entscheidet der Händler. Im Normalfall müssen geringe Beträge nicht bestätigt werden. Manchmal sind es 20 Euro, manchmal 25 Euro, bis zu denen man keinen Pin und keine Unterschrift leisten muss (wobei auch die Unterschrift bei neueren Karten kaum mehr als Identifikationsmerkmal verwendet wird). Händler können aber auch verlangen, dass bei jeder Transaktion eine Identifikation stattfindet.

Noch sind es die großen Einzelhandelsketten im Landkreis, die kontaktloses Zahlen anbieten: Die Tankstellen etwa oder einige große Supermärkte. Allen voran: Aldi. Dort hat man seit Dezember 2015 komplett umgestellt. An allen Kassen kann dort sowohl mit der Karte als auch mit dem Handy kontaktlos bezahlt werden. Das Unternehmen teilt schriftlich mit, dass man mit dem Angebot das Bezahlen "noch einfacher und angenehmer" gestaltet werden soll. "Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden mittels verschiedener interner Medien über die Möglichkeit der kontaktlosen Zahlung informiert und entsprechend geschult", heißt es weiter. So könne man den Kunden bei "Unsicherheiten im Bezahlvorgang" weiterhelfen. Verschiedene weitere Versuche in Erding zeigen aber auch: Viele Mitarbeiter sind noch gar nicht ausreichend in der neuen Technologie geschult. Das bemängelt auch Christian Kohout von der Erdinger Commerzbank. Das System funktioniere nur effizient, sagte er kürzlich, wenn beide Seiten - Kassierkraft und Kunde - sich auskennen.

Aldi macht keine Angaben zum Investitionsvolumen, aber billig wird es nicht sein, alle Kassen der mehr als 1800 Filialen mit neuen Lesegeräten auszustatten. Josef Nunberger von der Erdinger Raiffeisenbank klärt auf: Er sagt, dass es die Regel sei, dass Lesegeräte von den Unternehmen nur geleast werden, nicht gekauft. Ein neueres Modell wird wohl einige Euro mehr im Monat kosten. Die Erdinger Raiffeisenbank vermittelt auch an Händler in der Region solche Lesegeräte. Sich aber nun moderne Geräte mit einem NFC-Chip anzuschaffen, das mache nicht jeder kleine Händler in Erding.

Diese spezielle Technologie wartet also noch auf den flächendeckenden Durchbruch. Dass aber das bargeldlose, digitale Zahlen auch in Zukunft zunehmen wird, davon gehen die Erdinger Banken aus. Schon jetzt würden mehr Zahlungen - vornehmlich im Internet - digital durchgeführt als mit Bargeld. Nunberger macht das nicht so viel aus: "Wir sind mit dem Trend nicht unzufrieden", sagt er. Mehr digital bedeutet weniger real - weniger Bargeld, das im Umlauf ist. Weniger Aufwand für Händler und Banken. Am Ende vielleicht sogar weniger Bankautomaten.

© SZ vom 31.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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