Erding:Die persönlichen Gespräche fehlen am meisten

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Die Nachbarschaftshilfen im Landkreis halten auch während der Pandemie so gut es eben geht den Kontakt mit Senioren und Seniorinnen. Die Nachfrage ist nicht gestiegen und einige Ältere aus den Helferteams nehmen sich inmitten der Pandemie ebenfalls zurück

Von Eva Sager, Erding

Die persönlichen Kontakte sinken, die Einsamkeit steigt. Das vermelden auch die Nachbarschaftshilfen im Landkreis Erding. Für viele Seniorinnen und Senioren sind diese Netzwerke oft der einzige Berührungspunkt mit anderen Menschen. "Ich weiß zwar, dass unsere Senioren mit Lebensmitteln und Essen versorgt sind, aber die intensiven, persönlichen Gespräche mit Nachbarn, Freunden oder Seniorenclubs gehen den meisten sehr ab", erklärt zum Beispiel Patrizia Brambring von der Nachbarschaftshilfe Isen-Lengdorf-Pemmering.

"Auf Grund dessen trüben einige Personen leider kognitiv schon sehr ein, diese Erfahrung mache ich immer wieder, wenn ich Kontakt zu den jeweiligen Senioren habe", fügt Brambring hinzu. Im Fokus vieler Diskussionen stünden oft nur die Bewohnerinnen und Bewohner von Altenheimen. Ältere Menschen, die alleine zuhause leben, würden oft vergessen werden.

Die Nachfrage ist bei vielen Nachbarschaftshilfen während Corona allerdings dennoch nicht gestiegen. "Wir haben nicht mehr Arbeit mit Einkäufen oder anderem. Die Angehörigen sind jetzt oft mehr für die älteren Leute da, als es vorher der Fall war. Zumindest ist das unser Eindruck", sagt Andrea Paulik von der Nachbarschaftshilfe Moosen und Taufkirchen. Sie habe das Gefühl, dass die Familien "ein wenig mehr zusammenrücken und zusammenhelfen". Diese Einschätzung teilt auch Bärbel Baumgardt von der Nachbarschaftshilfe Markt Schwaben. Auch hier ist seit Beginn der Pandemie nicht mehr zu tun als vorher. Wer noch kann, nutze die Gelegenheiten zum Einkaufen meist gern selbst. "Ein Zitat: ,Montags treffen wir uns um zehn beim Edeka, dienstags beim Kaufland, mittwochs beim Aldi' und so weiter." Arztfahrten oder Fahrten zur Fußpflege seien seltener geworden - "oft aus Vorsicht der Betroffenen oder weil sie öfter auf Angehörige zurückgreifen", so Baumgardt.

Auf dem Plan stehen für die Nachbarschaftshilfen derzeit also vor allem Einkäufe oder begleitete Besuche bei Ärztinnen und Ärzten. Auch die Mithilfe im Haushalt gestalte sich momentan schwierig. "Die Hilfen im Alltag fallen natürlich auch in einem relativ großen Umfang weg", sagt Petra Bauernfeind von der Nachbarschaftshilfe Erding. Sie weiß von einer Seniorin, die eigentlich Unterstützung im Haushalt bräuchte und diese jetzt aber schon seit Monaten nicht mehr habe, weil sie nicht möchte, dass jemand zu ihr ins Haus kommt. Zurückgegangen sei aber nicht nur die Zahl der Seniorinnen und Senioren, die Angebote der Nachbarschaftshilfe in Anspruch nehmen, sondern auch die der Helfenden. "Es ist natürlich schon so, dass sich auch Helferinnen und Helfer zurückgezogen haben. Unter denen sind viele in einem gewissen Alter, in dem sie logischerweise sagen, ,Bitte jetzt keine Aufträge'", erklärt Petra Bauernfeind.

Ruth Wildgrube von der Nachbarschaftshilfe Dorfen kennt trotz allem Seniorinnen und Senioren, die versuchen, der Situation etwas Positives abzugewinnen. "Man hört natürlich raus, dass die, die keinen in der Nähe haben, sich einsam fühlen und die Gesellschaft vermissen. Aber es sind auch durchaus positive Stimmen dabei, die sagen, sie arrangieren sich jetzt mit der Situation und hoffen drauf, dass das mit den Impfungen klappt. Die einfach versuchen an den alltäglichen Dingen Freude zu haben", erzählt Ruth Wildgrube. "Einige sagen, sie haben ein Hobby entdeckt oder schauen, dass sie etwas aus ihrem Tag machen, erfreuen sich an den Vögeln, die am Futterhaus sind", fügt Wildgrube hinzu. Es gebe auch viele, die sagten: "Ich habe schon so viel durchgestanden, das geht jetzt auch vorbei."

© SZ vom 22.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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