Erding:"Die Kunden tun uns leid"

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Die streikenden Mitarbeiter vom Briefzentrum am Flughafen werden einfach intern ersetzt. (Foto: oh)

Der eine kriegt seine Briefe, der andere nicht: Der Post-Streik sorgt bei den Erdingern für Verwirrung

Von Mathias Weber, Erding

Die Post bleibt dabei: Ungefähr 80 Prozent der Postsendungen würden zuverlässig ankommen, trotz des Streikes der Mitarbeiter, die immer mehr Stützpunkte des Unternehmens betreffen. Allerdings, so heißt es aus der südbayerischen Zentrale in München: 80 Prozent sei der bundesdeutsche Durchschnitt - regional könne es ganz anders aussehen.

Diese Erfahrung machen auch die Erdinger. Bei der Erdinger SZ melden sich Leser, die sich wundern, warum manche Briefkästen in der Stadt gefüllt werden, anderswo in Erding aber keine Post kommt - seit Wochen nicht. Die Erklärung hierfür liegt in der internen Logistik der Post: Jeder Postleitzahlenbereich ist in mehrere Zustellbezirke unterteilt. In und um die Stadt Erding gibt es fast zwanzig dieser Bezirke: Sie bestehen innerhalb der Stadt aus mehreren Straßenzügen, außerhalb aber auch aus ganzen Ortschaften, Pretzen zum Beispiel ist ein eigener Bezirk. Um jeden dieser Bezirke kümmert sich ein Postbote, manchmal sogar sein ganzes Berufsleben lang.

Manche Postboten streiken nun, deren Zustellbezirk wird also nicht bedient. Für den Bezirk daneben (manchmal vielleicht nur eine Straße weiter) kann aber ein Mitarbeiter eingesetzt werden, der entweder nicht streikt oder verbeamtet ist. Im Erdinger Bezirk würden noch zehn Beamte arbeiten, heißt es von der Gewerkschaft Verdi. Dort kommt die Post dann an. Nun aber solche Mitarbeiter einfach in anderen Bezirken einzusetzen, damit jeder Haushalt und jedes Unternehmen wenigsten alle paar Tage Post bekommt, ist rechtlich unzulässig; es würde dem Streik den Sinn nehmen.

Der aber geht unvermindert weiter. Im Landkreis werden weiterhin die Stützpunkte in Erding, Taufkirchen und Wartenberg bestreikt. Dorfen fehlt aber weiterhin, obwohl Verdi-Vertreter Andreas Faltermaier vor zwei Wochen schon damit drohte, dass auch dieser Stützpunkt in Streik treten könnte. Bisher ist das nicht passiert, er wiederholt jetzt aber seine Drohung: Sollten die Streikparteien in dieser Woche keine Lösung finden, soll auch Dorfen nächste Woche in den Ausstand treten. Insgesamt liege die Streikquote bei 90 Prozent. Auch am Briefzentrum am Flughafen, von dem die Erdinger Bezirke ihre Briefe erhalten, würden die meisten Mitarbeiter streiken. Allerdings: Die Post setzt dort Leiharbeiter und Verwaltungskräfte ein, die zumindest die Standardbriefe mithilfe von Maschinen trotzdem zügig in die Bezirke weiterleiten. Dort aber tragen sie nur noch wenige Mitarbeiter aus.

Andreas Faltermaier hofft auf eine baldige Einigung im Streit. Gestreikt wird nicht wegen des Geldes, sondern wegen des Aufbaus von regionalen Gesellschaften für die Paketzustellung, bei denen bislang rund 6000 Paketboten nicht nach dem Haustarif der Post, sondern nach oft niedrigeren regionalen Tarifverträgen der Logistikbranche bezahlt werden. "Heute sind es die Paketzusteller, nächstes Jahr die Briefzusteller", befürchtet Faltermaier. Spaß, sagt er, macht ihm der Streik nicht: "Die Kunden tun uns leid. Auch wir wollen wieder arbeiten."

© SZ vom 02.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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