Erding:Der große Ausverkauf

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Auffallend viele Geschäfte wie das Modehaus Friedberger und Lokale in der Innenstadt haben während der vergangenen Wochen aufgegeben

Matthias Vogel

Es ist Dienstag, und Manfred Schmid räumt gerade noch die letzten Reste aus seinem Laden und dem Büro. Nach zehn Jahren als Gastronom geben er und sein Bruder Christian das "Boeuf a la Mode" in der Langen Zeile auf. Das machen sie gezwungenermaßen - Eigentümer Hugo Gruber verlängert den Pachtvertrag nicht. Nebenan steht das Bekleidungsgeschäft Friedberger leer, Friedel Friedberger hat genug und zieht sich vorzeitig auf das Altenteil zurück.

Schräg gegenüber auf dem Kleinen Platz hat schon vor einiger Zeit die Metzgerei Schachtl die Schotten dichtgemacht. Vis-á-vis vom Gewandhaus Gruber prangt vom Schaufenster einer Mini-Boutique in großen Lettern das Wort "Räumungsverkauf". Im weiteren Verlauf der Langen Zeile in Richtung Volksfestplatz fällt auf: Das Modegeschäft "More & More" sowie die Filiale der Optiker-Kette Matt gibt es ebenfalls nicht mehr. Auch in der Zollnerstraße steht ein Laden leer: von der ehemaligen Traditionsbäckerei Rubenberger.

Als Unwissender muss es einem gegenwärtig so vorkommen, als würde der Einzelhandel aus der Innenstadt fliehen. Und einen auch im Stadtrat häufig diskutierten Grund dafür gäbe es ja auch. Die stetig wachsenden Gewerbegebiete im Süden und Westen Erdings binden zweifelsfrei viel Kaufkraft. Für Manfred Schmid ist das durchaus ein möglicher Grund, warum es für einige Geschäfte nicht mehr gut läuft. "Jeder Haushalt hat ein gewisses Budget. Wenn der Mediamarkt es zuerst schröpft, bleibt für ein Mittagessen in der Stadt eben kein Geld mehr übrig."

Schmid betrachtet freilich hauptsächlich die Sparte Gastronomie und preist Erding als Vorzeigestadt, was das Freizeit- und Abendgeschäft anbelangt. Am Tag aber, das habe er festgestellt, habe die Laufkundschaft abgenommen, dazu sei der Mittagstisch etwas für Gutverdiener geworden. "Die meisten Leute haben einfach weniger Geld und Zeit als früher", sagt er. Generell findet Schmidt: "In der Innenstadt gibt es immer noch 1A-Pachten, aber die Lage ist nicht mehr 1A."

Dieter Gerlspeck, Chef des gleichnamigen Sportgeschäfts in der Langen Zeile und Vorsitzender von Ardeo, der Interessengemeinschaft von Gewerbe, Handel, Freiberuflern und Privatpersonen in Erding, ist nicht der Meinung, es ginge mit dem Einzelhandel in der Innenstadt bergab. Vielmehr müsse sich der den Gegebenheiten anpassen: "Preislich können wir nicht gegen die großen Konzerne anstinken.

Aber es gibt durchaus noch die Kunden, die auf erstklassige Ware, gute Auswahl und beste Beratung Wert legen", so Gerlspeck. Diese Stärken müsste herausgearbeitet, das Profil geschärft werden. Zudem brauche es noch einen "Magneten" in der Stadt, etwa einen "H & M". Von dem Plus an Käufern könnten dann auch wieder kleinere Geschäfte leben.

Bürgermeister Max Gotz (CSU) hält die Innenstadt für einen attraktiven Standort. Die momentane Einkaufssituation in der Innenstadt sei auch wegen der beiden Großbaustellen Sparkasse und Gewandhaus Gruber, nicht ganz leicht. Deshalb habe er im Stadtrat auch ein wenig auf die Bremse gedrückt, was den Abriss des Mayr-Wirts anbelangt. "Die Stadt muss ein wenig durchschnaufen." Die Geschäfte und die Peripherie könnten seiner Meinung nach nebeneinander existieren. "Das müssen sie auch", sagt er.

Und die leerstehenden Gebäude würden ja auch wieder gefüllt. Das stimmt zum Teil: Den Friedberger hat die Alpha GmbH gekauft und an "Music World" verpachtet. Und dort, wo "More & More" einst Kleidung verkaufte, wird Erika Kania Mitte Februar eine Schokoladenmanufaktur eröffnen. Das ist im Sinne von Gotz und Ardeo. Denn der Branchenmix muss stimmen. "Die Eigentümer sind hier auch verantwortlich. Es wäre schön, wenn wir nicht den 30. Handyladen und 17. Optiker bekämen", so Gotz.

© SZ vom 18.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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