Erding:Bunte Zeiten

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Immer mehr Künstler beschäftigen sich auch im Landkreis Erding mit der Flüchtlingsthematik oder arbeiten mit Flüchtlingen zusammen - wie der Dorfener Musiker Stefan Lenz

Von Mathias Weber

Kaum eine Zeitungsseite, kaum eine Fernsehsendung, kaum eine Homepage gibt es im Januar 2016, in der die Themen Flucht und Vertreibung nicht eine Rolle spielt. Politisch und gesellschaftlich sind die Flüchtlinge auch und besonders in Erding ein Thema, wo über Gutscheine für Asylsuchende gestritten wird und am Fliegerhorst ein Registrierungs-Camp für Tausende entstanden ist. Nach und nach verarbeiten aber auch immer mehr Künstler und Kulturschaffende im Landkreis das Thema. Im vergangenen November wurde am Dorfener Gymnasium eine Ausstellung mit Flüchtlingsportraits gezeigt, "Die Würde des Menschen ist unantastbar" hieß sie. Auch gibt es Angebote für Flüchtlinge selbst, Anfang 2015 wurde zum Beispiel ein interkultureller Workshop mit Schülern der beiden Erdinger Gymnasien und jugendlichen Flüchtlingen durchgeführt, bei dem das Zusammenleben verschiedener Kulturen thematisiert wurde. Entstanden sind Objekte, die dann zu einer Kunstinstallation an der Foyer-Decke des Korbinian-Aigner-Gymnasiums zusammengefasst wurden: Ein Himmel sozusagen, unter dem wir alle Leben.

Ertrinkende Flüchtlinge, kurz vor Erding. (Foto: oh)

Am kommenden Freitag, 22. Januar, öffnet wieder eine Ausstellung, die sich mit dem Flüchtlings-Thema beschäftigt. Der Dorfener Musiker Andreas Lenz, besser bekannt unter seinem Künstlernamen "Turbolenz", zeigt dann im Erdinger Frauenkircherl Bilder von ihm: "Fluchtwellen - Ich bin Flüchtling", heißt die Ausstellung.

Auf das Motiv der "Welle" kommt Lenz in seiner Ausstellung immer wieder zu sprechen. "Woher kommt sie, was bedeutet sie für unsere Gesellschaft?", fragt Lenz. Er selbst ist dem Thema ganz nahe gekommen, als er als Flüchtlingshelfer am Fliegerhorst bei der Kleiderausgabe mitgearbeitet hat. "Das geht einem nahe", sagt der Musiker und Maler, "man schaut den Flüchtlingen, den Familien mit ihren Kindern, direkt ins Auge." Dann sei die Idee aufgekommen, das Erlebte künstlerisch zu verarbeiten; und zwar auf mitunter überdimensionalen Leinwänden, die er selbst zusammenbastelt. Bis zu zwei Meter auf 1,25 sind sie groß, und bunt - aber warum nur? "Weil das Spaß macht", lacht Lenz.

Der Musiker und Maler Stefan Lenz interpretiert seine Erfahrungen. (Foto: Bernd Knill)

Und Spaß ist ihm - trotz der schweren Themen - immer wichtig, so scheint es. Der Dorfener Lenz ist eigentlich seit Jahrzehnten Musiker, hat sich in Erding ein Tonstudio eingerichtet und ist oft auf Tour, auch im Ausland. Zum Malen ist es schon vor fast 15 Jahren gekommen, hat aber immer wieder Pausen eingelegt; ein Profi ist er nicht, eher learning by doing. Auch als Videofilmer ist Lenz aktiv, auf Facebook und Youtube lädt er sein "Turbolenz TV" hoch. Stichwort Facebook: "Dort gibt es wahnsinnig viel Hetze", sagt Stefan Lenz. Deshalb will er seine Ausstellung auch als Diskussionsbeitrag in der Flüchtlingsdebatte verstanden wissen. "Man muss sich die Sache einfach mit einem kühlen Kopf anschauen", sagt er. Und er will das auch mit Betroffenen machen: Im Laufe der kommenden Woche wird Lenz mit Flüchtlingen zusammen im Frauenkircherl Musik machen. Eine afrikanische Trommelgruppe aus Dorfen ist für den Sonntag eingeladen. Am Montag, 25. Januar, wird es ab 18 in Zusammenarbeit mit der KAB und dem Singkreis Erding ein "Singen für den Frieden" geben. Lenz hat noch andere Künstler angefragt, wer mit ihm musizieren will, kann auch unter 0179/1020431 Kontakt aufnehmen.

Die Ausstellung "Fluchtwellen (Ich bin Flüchtling)" ist von Samstag, 23. Januar bis Freitag, 29. Januar, täglich von 14 bis 21 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei. Die öffentliche Vernissage findet am Freitag, 21. Januar, um 19 Uhr statt.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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