Empfang:Beeindruckendes Engagement

Lesezeit: 2 min

Die Ehrenamtlichen der Aktionsgruppe Asyl blicken bei ihrem Neujahrsempfang auf arbeitsreiche zwölf Monate zurück - und mahnen Verbesserungen für 2016 an

Von Florian Tempel, Erding

"Ein besonderes Willkommen gilt all den Gutmenschen hier im Raum." Maria Brand, Sprecherin der Aktionsgruppe Asyl (Aga), neigt nicht dazu, ironische Aussagen zu machen. Doch das mit den Gutmenschen musste bei der Begrüßung zum Neujahrsempfang der Aga im Pfarrsaal von St. Vinzenz einfach mal sein. Weil aber Brand eine ernste, nachdenklich und gewissenhafte Frau ist, ließ sie ihre ironische Begrüßung nicht für sich stehen. In ihrer Ansprach stellte sie klar, wie frech und beleidigend das Unwort des Jahres 2015 für die vielen hundert Ehrenamtlichen ist, die geflüchtete Menschen im ganzen Landkreis unterstützen.

"Es ist ja keineswegs freundlich gemeint", sagte Brand und las aus der Begründung der Jury vor, die das Unwort ausgewählt hat: "Das Schlagwort diffamiert im Zusammenhang mit der Flüchtlingshilfe Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd." Brand sagte weiter, noch schlimmer als die Abwertung der Ehrenamtliche sei, dass man diese damit - in einer verquerer Verdrehung der Ursachen - für das Kommen von Flüchtlingen und alle damit verbundenen Probleme verantwortlich mache. "Das macht manchen von uns noch betroffener", sagt Brand, aber "wir Ehrenamtlichen werden uns nicht beeindrucken lassen oder gar unser Engagement zurück nehmen".

Flüchtlinge machen Musik: Nachwuchskünstlerin Roze singt ein Lied auf Arabisch und Englisch. (Foto: Renate Schmidt)

Brand versäumte freilich nicht, auch darauf hinzuweisen, dass die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe im vergangenen Jahr von offizieller Seite deutlicher als je zuvor Anerkennung erfahren hat. "Von der Bundeskanzlerin bis hinunter in die Landkreis und Gemeinden waren anerkennende Worte zu hören." Das "öffentliche Lob" sei allerdings "eine zum Teil längst überfällige Anerkennung" gewesen.

Um zu verdeutlichen, wie groß der persönliche Einsatz von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe ist, nannte Brand eindrucksvolle Zahlen. Drei der Aga angeschlossene Helferkreise haben notiert, wie viele Kilometer sie 2015 mit privaten Autos auf eigene Kosten zurückgelegt haben: Um Flüchtlinge zum Arzt, zu Behörden oder zum Kindergarten zu bringen, fuhren die Mitglieder der drei Helferkreise mehr als 24 000 Kilometer. Ein anderes Beispiel: Eine Ehrenamtliche, die sicher "kein Helfersyndrom hat", so Brand, hat im vergangenen Jahr an 70 Tagen kranke Flüchtlinge zu Ärzten oder ins Krankenhaus begleitet. Jedes Mal war sie dabei mindestens fünf Stunden, wenn nicht einen halben Tag lang unterwegs.

Nach Brands Ansprachen, berichteten mehrere Ehrenamtliche von konkreten Fällen ihrer Arbeit. Die Erdingerin Gabi Schmid betreut zusammen mit vier anderen Frauen eine Gruppe syrischer Familien. Im September 2015 konnte alle Kinder der Familien eingeschult werden - bis auf ein Mädchen. Aus schwer nachvollziehbaren bürokratischen Gründen verzögerte sich die Einschulung des Kindes mehrmals. Noch schwerer erträglich wurde die Situation, als für alle Erwachsenen der Familien ein Sprachkurs begann. Das Mädchen war nun die einzige, die vormittags zu Hause bleiben musste. Die Ehrenamtlichen kümmerten sich täglich und intensiv um das Kind, bis es endlich die Erlaubnis erhielt, in die Schule zu gehen. Schmidt richtete nach diese Erfahrung "einen ganz, ganz großen Appell an alle Politiker", allen Flüchtlingskindern einen schnellen Schulbesuch zu ermöglichen.

Gitarrist und Sänger Ebi stammt aus Iran. Er war zu Gast beim Neujahrsempfang der Aktionsgruppe Asyl. (Foto: Renate Schmidt)

Hildegard Schirmbeck vom Helferkreis Winkl und Sabine Rohleder aus Berglern berichteten, wie die Bürgermeister ihrer Kommunen mit viel Sinn für Pragmatik für problematische Situationen Lösungen fanden. Damit die Flüchtlinge aus Winkl, ganz hinten im letzten Winkel des Landkreises, zu ihrem Sprachkurs nach Erding kommen konnten, organisierte der Taufkirchener Bürgermeister Franz Hofstetter kurzerhand einen Kleinbus, der sie morgens rechtzeitig zum Taufkirchener Busbahnhof brachte. Der Berglernen Bürgermeister Simon Oberhofer habe es mit einiger Hartnäckigkeit erreicht, dass er nun immer rechtzeitig vom Landratsamt über das Eintreffen neuer Flüchtlinge in seiner Gemeinde informiert werde. Oberhofer gebe die Nachricht dann prompt an den lokalen Helferkreis weiter, der dafür sorgen kann, dass Neuangekommene nicht mehr - wie es zuvor passiert war - ein ganzes Wochenende ohne Essen auskommen mussten.

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: