Erding:Auf dem Tiefpunkt

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Bald geht es nicht mehr weiter. Schiaßn-Pächter und die Fischers Stiftung als Vermieterin streiten sich vor Gericht. (Foto: Renate Schmidt)

Der Schiaßn-Pächter Matthias Stangier wirft der Fischers Stiftung "Rufmord" vor. Eine Zwangsräumung wird es wohl so schnell nicht geben. An diesem Dienstag trifft man sich vor Gericht

Von Mathias Weber, Erding

In der Auseinandersetzung zwischen dem Pächter der Erdinger Schiaßn, Matthias Stangier, und seinem Vermieter, der Fischers Stiftung-Verwaltungs GmbH, ist kein Ende absehbar. Noch immer gibt es ein Hin und Her um eine mögliche Räumung des Traditionslokals. An diesem Dienstag trifft man sich in Landshut vor Gericht. Die Stimmung zwischen Stangier und dem Geschäftsführer der Stiftung, Matthias Vögele, ist endgültig am Boden: Vögele hatte in den vergangenen Wochen mehrmals mit den Erdinger Medien gesprochen, und was er gesagt hatte, gefällt Stangier nicht: "Er hat immer nur die Halbwahrheit gesagt", so Stangier. Er spricht in diesem Zusammenhang von "Rufmord durch die Stiftung".

Die Sachlage ist nicht leicht zu durchschauen. Eigentlich wollte Vögele eine Zwangsvollstreckung bei der Schiaßn durchführen lassen. Nachdem Stangier über Monate hinweg keine Pacht gezahlt hatte, kam es im November in Landshut zu einer Gerichtsverhandlung. Stangiers "Schiaßn GmbH", die Gesellschaft, die als Mieterin auftritt, wurde zu einer Räumung verurteilt - in Stangiers Abwesenheit. Das Urteil ist daher ein so genanntes Versäumnisurteil, gegen das Stangier Einspruch eingelegt hat. Der Sachverhalt wird daher an diesem Dienstag in Landshut noch einmal verhandelt. Die zuständige Gerichtsvollzieherin hat der Erdinger SZ gegenüber allerdings bestätigt, dass eine Räumung durch das erste Versäumnisurteil grundsätzlich rechtlich möglich ist und "vorläufig vollstreckt" werden könne.

Wird es aber nicht: Denn es hat sich herausgestellt, dass es noch eine zweite GmbH gibt, die "Stangier Veranstaltungs-und Gastro GmbH". Und die ist Untermieterin der ersten GmbH: Eine Gesellschaft vermietet also an die andere. Beide Gesellschaften wurden bereits im Jahr 2010 von den früheren Pächtern der Schiaßn, Uwe Pianka, Harry Seeholzer und Bernhard Sparakowski, gegründet und an Stangier bei dessen Übernahme verkauft. Das Landshuter Urteil bezieht sich auf die erste GmbH und nicht auf die zweite. Eine seltsame Situation: Die Stiftung muss also noch eine weitere Räumungsklage gegen diese zweite GmbH anstrengen, und das kann noch mehrere Wochen dauern. Stangier hofft zudem, dass das Gericht am Dienstag in seinem Sinne entscheidet. Er sagt, er habe gute Argumente. Er will die Schiaßn nicht so einfach verlassen. Der Pächter streitet nicht ab, dass er den vergangenen Monaten keine Miete mehr bezahlt hat. "Es geht um nicht einmal 10 000 Euro", sagt er.

Warum es zu den Schulden gekommen ist, dazu schweigt Stangier. Nur so viel: In der Schiaßn sei es vom Spätsommer 2015 an schlecht gelaufen. "Das kann man dann nicht mehr aufholen", sagt Stangier. Er hofft aber, das Gericht überzeugen zu können - vielleicht mit einem Vergleich. Über seinen Anwalt hat er der Stiftung bereits den Vorschlag unterbreitet, Mitte Februar die Schiaßn zu verlassen - allerdings nur, wenn er eine Entschädigungszahlung für das Inventar seitens der Stiftung erhält. Das wiederum lehnt Vögele entschieden ab: Er hat einen Nachmieter an der Hand, wie er sagt, der sich vergangenen September das Inventar angeschaut habe. Namen nennt jedoch Vögele nicht. Über die Küche habe dieser Nachmieter gesagt: "Eine Katastrophe."

Der Nachmieter wolle die Schiaßn wieder auf Vordermann bringen, auf Stangiers Inventar lege er keinen Wert. Stangier hingegen ärgert, dass Vögele keine Namen rausrückt, sodass er mit einem Nachfolger über eine Ablöse sprechen könnte. Eine Vermittlung zwischen Nachmieter und Stangier lehnt Vögele ab. "Mir ist es wichtig, eine faire Ablöse zu bekommen", sagt Matthias Stangier. Er habe damals, als er die Schiaßn übernommen hat, 55 000 Euro für die Ablöse des Inventars gezahlt (sowie bisher 80 000 Euro an Miete). Diese 55 000 Euro Ablöse will Stangier aber wiedersehen und so die Mietschulden abzahlen. Ginge es nach ihm, könne man sich zusammensetzen und eine Ablöse festlegen, und "dann gehen wir auseinander. Ich wäre schon lange aus dem Laden draußen, wenn die Stiftung fair handeln würde." Bis Stangier Geld sieht oder ein vollstreckbares Gerichtsurteil vorliegt, wird er die Schiaßn wohl nicht verlassen. Nach wie vor sind Veranstaltungen geplant, am Faschingssamstag findet ein Ball statt. Die Berichte in den Medien in den vergangenen Wochen seien allerdings "extrem geschäftsschädigend gewesen", sagt Stangier. Einige private Veranstaltungen seien in der Zwischenzeit abgesagt worden.

Die Internetseite der Schiaßn ist mittlerweile nicht mehr erreichbar, gepflegt wird nur noch der Facebook-Auftritt. Wenn sich niemand findet, der das Inventar übernimmt, droht Stangier, werde es wohlmöglich eine Zwangsversteigerung geben. Und das könne sich hinziehen, es gehe um Tausende Einzelteile. Ein Ende der Auseinandersetzung ist also nicht abzusehen, wahrscheinlich wird es an diesem Dienstag nicht das letzte Mal sein, dass man sich vor Gericht sieht. Matthias Vögele sagte der Erdinger SZ, er hoffe, mit einem neuen Pächter schon im Mai wieder mit dem Biergartengeschäft weitermachen zu können. Aber auch von Stangier heißt es: Wenn sich die ganze Sache hinzieht, überlege er, weitere Veranstaltungen anzubieten. Und vielleicht sogar noch den Biergarten aufzumachen.

© SZ vom 02.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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