Bauwerk:Herzschlagader der Verwaltung

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OB Gotz, die CSU und führende Rathausmitarbeiter legen sich für einen Tunnel zwischen dem Rathaus und seinem Erweiterungsbau ins Zeug. Mit Erfolg

Von Antonia Steiger, Erding

Leute, die gerne in Baugruben gucken, dürfen sich freuen: Die Stadt Erding wird den Tunnel vom alten Rathaus zum Erweiterungsbau auf der anderen Seite der Landshuter Straße bauen. Zu den Haushaltsberatungen hatten die drei Grünen-Stadträte beantragt, auf das unterirdische Bauwerk zu verzichten, sie fanden nur vier Unterstützer. Diese sieben waren auch nach einer ausgiebigen Debatte noch immer nicht davon überzeugt, dass der Tunnel notwendig ist. Und das obwohl die Verwaltung weitere ganz neue Argumente auffuhr. Stadtbaumeister Sebastian Henrich sah gar die Effizienz der gesamten Rathausverwaltung in Gefahr für den Fall, dass Mitarbeiter nicht unterirdisch von einem Gebäude ins andere wandern können.

1,1 Millionen Euro soll der Tunnel kosten inclusive der Nebenkosten, Spartenverlegung und des Anschlusses der Gebäude. Damit ist er nur ein kleiner Teil des 50 Millionen Euro umfassenden Investitionsprogramms, das die Stadträte für das kommende Jahr sich und der Verwaltung auferlegt haben. Weitaus größere Summen sollen für die Rathauserweitung (3,5 Millionen Euro), die Sanierung der Mittelschule am Lodererplatz (3,2 Millionen), für den Gerd-Vogt-Sportpark (5 Millionen) und für den Bahntunnel unter der Haager Straße (8,75 Millionen) ausgegeben werden. Am umstrittensten war der Tunnel zwischen den Rathäusern.

Etliche Argumente für den Tunnel lagen vorher schon auf dem Tisch: der drohende Verlust von Daten, wenn ein Mitarbeiter einen Stapel Papier über die Straße trägt; der Wunsch nach einer parallelen Verbindung zu Datenleitungen, um diese zu reparieren, und das Bedürfnis der Mitarbeiter, außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung von einem Haus ins andere zu gelangen. Manches wurde nun präzisiert. So erfuhr man, dass ein Verwaltungsangestellter sich erst anziehen, dann ausstempeln, die Straße queren, wieder einstempeln und sich ausziehen müsse. Vielleicht müsse er sogar die Schuhe wechseln. OB Max Gotz (CSU) zitierte zudem aus einer Stellungnahme des Personalratsvorsitzenden, der anmerkte, es könne leicht der Eindruck entstehen, dass die Rathausmitarbeiter den ganzen Tag spazieren gingen, wenn sie in aller Öffentlichkeit die Straße wechselten. Und Henrich appellierte an die Stadträte: "Reißen Sie uns nicht auseinander!" Die Leistungsfähigkeit der zweifelsohne leistungsfähigen Erdinger Stadtverwaltung steht und fällt ihm zufolge mit der Verbundenheit und der Vertraulichkeit, die nur durch einen unterirdischen Gang bewahrt werden könne.

Verwaltungsleiter Reinhard Böhm hatte noch etwas parat: Der Erweiterungsbau an der Landshuter Straße 4 verfüge über ein Notstromaggregat und sei Teil des Katastrophenschutznetzes des Landkreises. Sollte mal irgendwas nicht in Ordnung sein, würde ein Teil der Verwaltung von der Landshuter Straße 1 in die Landshuter Straße 4 verlegt werden. Und das, so sollte wohl herauszuhören sein, könne nur unterirdisch vonstatten gehen.

Unklar bleibt, ob der Gang auch Besuchern und Kunden offen stehen wird, das hatte jüngst überraschenderweise CSU-Sprecher Jakob Mittermeier eingebracht und sich auf eine Absprache mit Gotz berufen. Der sah das nun wieder anders und äußerte Bedenken: Ein Kunde könnte in dem Gang einen gesundheitlichen Notfall erleiden, und zufälligerweise käme ein paar Minuten keiner vorbei. Was dann? Und was, wenn das einem Mitarbeiter passiert? Diese Frage stellte keiner.

Skepsis an dieser Argumentationskette äußerten Stadträte aus mehreren Fraktionen - außer der CSU. Dort fanden sich ausschließlich Befürworter des Tunnelbaus, der dafür sorgen könne, dass aus zwei Häusern eine Einheit werde. Jeder, mit dem man rede, schlösse sich diesen Argumenten an, sagte Gotz. Wer nicht, habe "keine Verbindung zur Verwaltung", sagte Josef Biller. Kritische Worte gab es für diejenigen, die am Tunnelbau rütteln wollten: 140 000 Euro seien schon für Planungsleistungen ausgegeben worden, sagte Tiefbauamtsleiter Harald Woellert. Es werfe kein gutes Licht auf die Beratungsqualität im Ausschuss, wenn der Beschluss nun in Frage gestellt werde, sagte Gotz. Es gebe keine Wertschätzung für das Votum des Ausschusses, fand Mittermeier. Überzeugend fanden das 33 Stadträte, nicht jedoch die drei Grünen Helga Stieglmeier, Günther Kuhn und Herbert Maier sowie Jutta Harrer (SPD), Eva Döllel (ÖDP), Stefan Lorenz (Die Linke) und Hugo Gruber (Erding Jetzt).

© SZ vom 07.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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