Einzelhandel im Landkreis:Fair einkaufen in Erding

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Der Weltladen hat sich mit dem Umzug an den neuen Standort in der Spiegelgasse vergrößert. Das Interesse an den zertifizierten Waren ist groß. Da darf ein T-Shirt auch mal 25 Euro kosten

Von Antonia Koch, Erding

Lebensmittel, Kunsthandwerk und Textilien aus fairer Produktion sind die drei Hauptsparten im Weltladen Erding. Im Juni ist der Verein Weltladen umgezogen und nun in der Spiegelgasse in der Erdinger Innenstadt zu finden. Noch bis Ende Sonntag läuft bundesweit die Faire Woche, die sich dieses Jahr dem Thema "Menschenwürdige Arbeitsbedingungen" widmet. Die Erdinger wählten als Schwerpunkte die Produktion mit Wertschöpfung im Herkunftsland und fair-hergestellte Textilien, wie Teamleiterin Bernhild Zeiler informiert.

Zur aktuellen Situation sagt Teamleiterin Zeiler: "Der Verkaufsgewinn steigt stetig - die Leute nehmen teurere Sachen in Kauf, um fair gehandelte Produkte zu erwerben". Besonders der Fokus auf Textilien habe sich seit 2013 verstärkt. Der Einsturz der Textilfabrik in Bangladesch vor acht Jahren war dafür ein Auslöser: "Wenn man sich billige Kleidung kauft, kann man sich ja eigentlich ausrechnen, wie viel eine Näherin für ihre Arbeit bekommt. Solche Fabriken sind heute noch sklavenartig", sagt Zeiler. "Bei Fairtrade-Produkten geht es um Langlebigkeit. Ein T-Shirt kostet bei uns halt 25 Euro, dafür hält es aber und es werden keine Arbeiter ausgebeutet."

Die Räume in der Spiegelgasse 5 bieten mehr Platz. (Foto: Renate Schmidt)

Aufgrund der Pandemie musste die Faire Woche diesmal in kleinerem Rahmen stattfinden, so Zeiler: Mit einem Informations- und Ausstellungsstand im Laden, sowie einem Film über die Herstellungsmethoden und Drucktechniken von KaliMa. Das Bekleidungslabel von Michaela Ostermann aus Aschau im Chiemgau wurde in Indien gegründet, hier werde nach den Prinzipien von Fairtrade produziert. "Die Kooperation mit dem kleinen Label aus Indien hat sich durch Zufall ergeben", erzählt Zeiler. Nach der Entdeckung der Kleidungsmarke wurde im Weltladen zum Label recherchiert und schließlich beschlossen zum Abnehmer zu werden. Die Produktion sei so klein, dass das "große Geld für die großen Siegel", also die Zertifizierung über einen Dachverband, nicht vorhanden sei, erklärt Petra Scheibe, im Laden verantwortlich als politische und themenorientierte Mitarbeiterin. Stattdessen trägt das Label mehrere kleine, nachhaltige Siegel, die faire Produktion ebenso gewährleisten und kontrollierbar machen.

"Siegel sind teuer. Man muss sich auf sie verlassen können, da der Händler die Produktion nicht bei jedem Produkt nachverfolgen kann", erklärt Teamleiterin Zeiler weiter. KaliMa passe gut zum diesjährigen Motto, denn das Label lege auch einen Schwerpunkt auf die Wertschöpfung im Herkunftsland: Nicht nur Inhaltsstoffe beziehungsweise Materialien aus den jeweiligen Ländern werden fair produziert, sondern auch im Produktionsland zum Endprodukt verarbeitet. Somit werde die Produktionskette verkürzt und die lokale Wirtschaft im Ursprungsland gestärkt.

Wein aus Argentinien präsentiert 2. Vorstand Helmut Freiwald. (Foto: Renate Schmidt)

Unter Fairtrade-Siegeln gebe es dennoch Unterschiede, denn dabei seien auch unterschiedliche soziale Mindeststandards festgelegt. "Das beste Siegel im Bereich der Textilproduktion ist FairWear, welches jedoch bisher nur wenige Firmen tragen", so Scheibe. Dieses Siegel setze hohe Ansprüche an die Arbeitsbedingungen. Generell, so die Mitarbeiterin, spiele auch der Umweltfaktor eine große Rolle. So werde bei Fairtrade-Produkten sowohl auf Wiederverwertung als auch auf den Verzicht von schädlichen Chemikalien geachtet. Im Bereich der Textilproduktion daher ein wichtiges Produkt: Hanf. Dazu erklärt Scheibe: "Hanf ist die neue Baumwolle". Vorteile der Hanf- gegenüber der Baumwollpflanze seien der geringere Wasserverbrauch, die Unempfindlichkeit der Pflanze, was den Verzicht auf Pestizide erleichtere, und das schnelle Wachstum - "Hanf wächst zum Zuschauen". Außerdem sei der Tragekomfort höher als bei Baumwolle.

Den Beginn des Fairtrades ordnet Petra Scheibe in die 1960er Jahre ein: Angefangen mit bitteren Kaffeebohnen auf Bananenkisten fand man die ersten Fairtrade-Produkte in den damals noch genannten "Dritte-Welt-Läden". Bis heute habe sic das Interesse an Fairtrade-Produkten stark ausgeweitet. Es gebe mittlerweile viele Produkte zu kaufen, die unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen hergestellt wurden.

Nach dem Umzug in die Spiegelgasse verfügt der Weltladen über größere Räume - die für den Einkauf zuständigen Mitarbeiter haben viel zu tun, die ausschließlich ehrenamtliche Tätigkeit mache "dem energiegeladenen Team" Spaß. Bernhild Zeiler selbst ist durch ihr Interesse am fairen Handel zum Laden gekommen und hatte beim Umzug auch mitgeholfen: "Wie das ganze Team, der gesamte Einbau ist in Eigenarbeit entstanden."

Fair hergestellte bunte Socken. (Foto: Renate Schmidt)

Veranstaltet vom Verein Forum Fairer Handel findet die Faire Woche deutschlandweit jährlich im September statt. Kooperationspartner darüber hinaus sind die Vereine TransFair und der Weltladen-Dachverband.

Am Sonntag, 24. Oktober, nimmt der Weltladen Erding am Nachhaltigkeitstag in der Stadthalle Erding teil - dort wird er mit einem Stand vertreten sein. Außerdem ist ein Vortrag von Petra Scheibe geplant.

© SZ vom 23.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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