Einstimmiger Wunsch:Würdevolles Lebensende

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Trotz ungeklärter Finanzierung will sich Ebersberg um Hospiz bemühen

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Letzte Lebenswochen mit liebevoller Betreuung und professioneller Schmerzlinderung, das können Hospize Todkranken bieten. Doch einen Hospizplatz zu ergattern, ist schwierig. Außer zwei Einrichtungen in München gibt es im südlichen Oberbayern nur noch zwei weitere stationäre Hospize, die von Ebersberg aus halbwegs gut erreichbar sind: in Vilsbiburg und in Polling. Die Wartezeit für ein Hospizbett beträgt derzeit durchschnittlich vier Wochen. Gerade allein lebende Menschen, die niemanden haben, der sich um sie kümmern könnte, bringt das in einer ohnehin schon düsteren Lebensphase in Bedrängnis. Im zuständigen Sozialausschuss des Kreistags begrüßten daher alle Mitglieder fraktionsübergreifend den Vorstoß der CSU/FDP-Fraktion für die Errichtung eines stationären Hospizes. Doch zunächst muss das Gesundheitsministerium seine Zustimmung geben und eine Einigung mit den Krankenkassen wegen der Finanzierung erzielt werden. Beides könnte schwierig werden.

Denn obwohl die tatsächlich im Landkreis erhobenen Zahlen eine völlig andere Sprache sprechen, wird in der Bedarfsplanung des Gesundheitsministeriums davon ausgegangen, dass das Angebot im Landkreis ausreicht. 60 Hospiz- und Palliativbetten sind pro einer Million Einwohner vorgesehen, in Ebersberg wären es somit neun Betten. Acht Palliativbetten gibt es bereits in der Kreisklinik, dieser Berechnung zufolge gäbe es also keinen Bedarf für ein stationäres Hospiz mit acht bis zehn Plätzen, wie es den Antragstellern vorschwebt. Doch für Andreas Bohnert, Kreisgeschäftsführer der Caritas, die bei diesem Projekt mit dem Landkreis zusammenarbeitet, hakt es bei dieser Berechnung nicht nur wegen der niedrigen Zahl der für Ebersberg angesetzten Plätze. Man könne auch Hospiz- und Palliativbetten nicht gleichsetzen, unterstrich Bohnert. Auch die Palliativstation in der Kreisklinik kümmere sich zwar um schwer Kranke, doch nach zwei Wochen müssen diese das Bett in der Regel wieder frei machen. Laut Kreisklinik bräuchten 25 Prozent der Patienten in der Palliativstation eine Weiterbetreuung in einem Hospiz, das entspricht 73 Fällen pro Jahr. In Hospizen verbringen die Patienten hingegen manchmal Monate, niemand muss hier fürchten, dass er sein Bett bald wieder für jemand anderes räumen muss.

Positiv ist laut Bohnert, dass die Bedarfsplanung des Gesundheitsministeriums derzeit überarbeitet wird. Möglicherweise errechnet sich dann ohnehin ein realistischer Bedarf für die Region. Andernfalls könne man versuchen, mit dem Ministerium über eine Ausnahmeregelung zu verhandeln. Als nächsten Schritt müsste man sich dann Gedanken machen über Finanzierung und auch die Situierung. Um ein größeres Einzugsgebiet abzudecken und dadurch die Chancen für das Projekt zu steigern, wäre nach ersten Einschätzungen der Landkreissüden wohl am besten als Standort geeignet.

Der Ausschuss sprach sich einhellig dafür aus, den Versuch zu unternehmen; vor allem Fachleute aus Pflege und Medizin wie Maria Matjanowski (CSU), die sich im Herzkatheterlabor der Kreisklinik um die Patienten kümmert, und Hausarzt Wilfried Seidelmann (FW) hielten Plädoyers für eine derartige Einrichtung. Gerade die demografische Entwicklung und die Umbrüche bei der Sozialstruktur machten diese nötig. Seidelmann unterstrich aber auch, am allerbesten für die Patienten sei es, wenn sie bis zu ihrem Tod in ihrem eigenen Zuhause betreut werden könnten: "Kein noch so motivierter Pfleger kann die Tochter oder die Ehefrau ersetzen."

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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