Einbrüche:Junge Männer und Fensterbohrer

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Die Steigerungsrate von 156,4 Prozent bei Wohnungseinbrüchen mutet erschreckend an. Allerdings kann die Polizei gerade für den Landkreis Erding besondere Erfolge bei der Aufklärung melden

Von Florian Tempel, Erding

Wie in ganz Bayern sticht auch in der Kriminalstatistik 2014 für den Landkreis Erding die deutliche Zunahme von Wohnungseinbrüchen heraus. Nach 39 Fällen 2013 zählte die Polizei im vergangenen Jahr exakt 100 Wohnungseinbrüche. Die Steigerungsrate von 156,4 Prozent mutet erschreckend an und übertrifft die bayernweite Zunahme von 28,6 Prozent bei weitem. Allerdings kann die Polizei gerade für den Landkreis Erding besondere Erfolge bei der Aufklärung von Einbrüchen melden. Im September 2014 nahmen die Erdinger Beamten eine mittlerweile verurteilte Einbrecherbande fest, die zwar vorwiegend in Büros und Geschäfte, aber auch in Wohnungen eingebrochen war. Im Januar wurde ein 52-Jähriger festgenommen, dem Dutzende professionelle Einbrüche zur Last gelegt werden. Und die Dorfener Polizei hat im Februar einen mit mehreren internationalen Haftbefehlen gesuchten Einbrecher erwischt.

Die jüngst aufgeklärten Einbruchsserien zeigen, wie sehr sich die Täter unterscheiden. Vor wenigen Wochen mussten sich am Amtsgericht Erding vier Männer im Alter zwischen 19 und 22 Jahren wegen zahlreicher Einbrüche verantworten. Drei von ihnen hatte sich zu einer regelrechten Bande zusammengeschlossen und sich als Zeichen ihrer Zusammengehörigkeit die drei letzten Ziffern der Erdinger Postleitzahl - "435" - auf die Arme tätowieren lassen. In den meisten der ihnen zur Last gelegten Fällen waren sie, in wechselnder Besetzung, in Büros, Geschäfte oder Vereinsheime eingebrochen. Das tun die meisten Einbrecher. In Wohnungen einzudringen ist etwas anderes, als nachts in Räume einzusteigen, in denen sich niemand befindet. In den wenigen Fällen, in denen die "435"-Bande in Wohnhäuser oder Appartements eingebrochen war, hatten sie zuvor sorgsam auskundschaftet, dass die Bewohner nicht zu Hause waren. Bei ihren Einbrüchen verschafften sie sich mit einfachen Mitteln Zugang in die Häuser. Sie schlugen ein Fenster ein oder hebelten eine Tür brachial auf. Der Sachschaden überstieg mit 40 000 Euro die Beute im Gesamtwert von 16 000 Euro.

Erfahrene Polizeibeamte wie der Leiter der Polizeiinspektion Erding, Anton Altmann, kennen solche Einbrecher-Gruppen als wiederkehrendes Phänomen. Alle paar Jahre bilden Jugendliche oder junge Erwachsene lokalen Gruppen und "gehen in ihrer Stadt und im nahen Umkreis so lange zum Einbrechen, bis sie erwischt werden." Fast immer sind die Täter arbeitslos und ohne Ausbildung, konsumieren übermäßig Drogen und Alkohol und driften so in die Kriminalität ab.

Ein ganz anderer Typ von Einbrecher sind die sogenannten Fensterbohrer. Von April bis Juli vergangenen Jahres suchte ein solcher, auf eine ganz besondere Methode spezialisierter Profi-Einbrecher, den südlichen Landkreis heim. Als Einbruchswerkzeug haben Fensterbohrer lediglich einen Akkubohrer und eine zurechtgebogene Drahtschlinge dabei. Sie bohren ein Loch in den Rahmen einer Terrassentür oder eines Fensters im Erdgeschoss, stecken die Drahtschlinge durch das Loch und ziehen mit ihr den Griff nach unten - schon sind sie drin. Dass die Bewohner des Hauses im Obergeschoss schlafen, schreckt sie nicht. Im Gegenteil, es gehört zu ihrer Taktik, dass jemand im Haus ist. Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Geldbeutel und Handtaschen griffbereit im Flur liegen. Sie bleiben nur wenige Minuten im Haus und verschwinden meist, ohne dass die Bewohner sie entdecken.

Noch etwas ist typisch für Fensterbohrer, was sich auch bei der Aufklärung der Erdinger Fälle bewahrheitete: Die Täter sind reisende Einbrecher und leben nicht in der Gegend, in der sie zum Einbrechen gehen. Die Erdinger Kripo identifizierte über sichergestellte DNA-Spuren einen 52 Jahre alten Bosnier als den von ihr gesuchten Fensterbohrer. Der Mann wurde im Januar in seiner Heimat verhaftet und nach Bayern ausgeliefert.

Einen Profi-Einbrecher aus Litauen hat die Dorfener Polizei im Februar erwischt. Eine Anwohnerin hatte einen verdächtigen Mann gemeldet. Als ihn eine Streife kontrollieren wollte, flüchtete er, konnte aber von der Polizeibeamten eingeholt werden. In seinem Auto fand sich dann ein "Einbrecher-Equipment vom aller Feinsten", sagt der Dorfener Dienststellenleiter Ulrich Milius. Noch größer war aber die Überraschung, als sich zeigte, dass der Mann in halb Europa gesucht wird: "Ein toller Erfolg, ein Hochkaräter."

© SZ vom 09.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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