Ebersberg:Gravierende Folgen

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In Poinger Bergfeldpark belästigte ein Exhibitionist mehrere Kinder

Von Johannes Hirschlach, Ebersberg

Fälle von Exhibitionismus finden von Zeit zu Zeit Eingang in die Akten des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord. Der aktuellste Fall im Landkreis Ebersberg betrifft Poing: Am 23. September zieht im Bereich des Schlittenbergs ein unbekannter Mann blank und reckt einer Schülerin sein Hinterteil entgegen. Nur eine gute Stunde später herrscht auch im Bergfeldpark Exhibitionistenalarm. Zwei Mädchen müssen mitansehen, wie ein etwa 40 Jahre alter Mann vor ihnen seine Hose herunterlässt und beginnt, zu onanieren. Im Vergleich zu 185000 Diebstahldelikten führen die knapp 1000 Fälle von Exhibitionismus ein Nischendasein in der Bayerischen Kriminalstatistik 2015. Im Landkreis Ebersberg kam es im vergangenen Jahr zu 16 exhibitionistischen Taten, heißt es aus dem Präsidium auf Nachfrage.

Was aufhorchen lässt: Vier davon richteten sich gegen Kinder unter 14 Jahren. Diese werden unter dem Straftatbestand des Missbrauchs von Minderjährigen geführt, entsprechen in der Ausübung der Tat aber dem klassischen Exhibitionismus-Paragrafen. Das Strafgesetzbuch sieht dafür eine Geld- oder bis zu einjährige Haftstrafe vor. Sind Kinder unter 14 Jahren betroffen, drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis.

Gerade für Heranwachsende kann ein solcher Vorfall durchaus Folgen haben: "Es kann passieren, dass das Kind ein Trauma entwickelt, wenn es die Situation als Bedrohung empfunden hat", sagt Christian Vogel. Der Münchner ist Facharzt für Psychiatrie mit einem Schwerpunkt auf Sexualforschung. Ein seelisch nicht gefestigtes Opfer könne Angst vor Parks entwickeln, wenn die Tat dort stattgefunden hat.

Vogel unterteilt Exhibitionisten in drei Gruppen. "Die erste Kategorie ist der typische Exhibitionist", sagt er. Das betreffe meist Männer mittleren Lebensalters, sozial integriert und häufig in einer Partnerschaft. "Da geht es um das Reparieren eines angeschlagenen männlichen Selbstwertgefühls", sagt der Sexualforscher. Das Erschrecken junger erwachsener Frauen gebe dem Täter einen Kick. Belästigte Frauen verhielten sich in solchen Situationen jedoch zunehmend souveräner. Der zweite Typus: scheue, jugendliche Täter, die "aus Hilflosigkeit ihren sexuellen Triebdruck ausagieren". Hier sei es wahrscheinlicher, dass Gleichaltrige und Kinder zu Leidtragenden werden. Der dritte Typus ist laut Vogel in seiner sozialen Interaktion beeinträchtigt sei. "Das ist der gefährdete", sagt er. So mancher Sexualstraftäter habe eine exhibitionistische Vergangenheit. "Aber nicht jeder Exhibitionist wird einmal Sexualstraftäter. Die bayernweite Aufklärungsquote für exhibitionistische Delikte liegt seit Jahren zwischen 50 und 60 Prozent. Der aktuelle Fall aus Poing ist bislang ungeklärt, die Kripo sucht weiter.

© SZ vom 11.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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