E-Scooter in Erding:Das Risiko fährt mit

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Christian Hamberger, hier im Bild mit seiner Tochter Luzia. Die Nachfrage nach den zwei E-Scootern, die der Inhaber eines Fahrradverleihs im Angebot hat, hält sich im Landkreis sehr in Grenzen. (Foto: Renate Schmidt)

Die Nutzung bleibt im Landkreis verhalten. Die Polizei registrierte aber bereits einige Vorfälle. Christian Hamberger hat in seinem Verleih zwei Exemplare und er weiß: Beim Schulterblick wird es gefährlich

Von Charlotte Nachtmann, Erding

E-Scooter bleiben im Landkreis ein Randphänomen. Dennoch waren 2020 laut der Polizeiinspektion Erding immerhin sechs davon in Unfälle verwickelt. "Man sollte schon sportlich sein, um so ein Teil zu fahren", betont auch Christian Hamberger, der in Erding zwei elektrisch unterstützte Tretroller verleiht. Ein handfestes Problem mit E-Scootern gibt es in Erding allerdings nicht. Dafür rollen einfach noch zu wenige durch die Straßen.

"Mein erster Eindruck ist, dass man die E-Scooter inzwischen sieht, aber nicht viele unterwegs sind", sagt Benjamin Brückner, Sachbearbeiter für Verkehr in der Polizeiinspektion Erding. In Dorfen ist dem Leiter der Polizeiinspektion Harald Kratzel bisher noch kein einziger E-Scooter aufgefallen, entsprechend sind ihm auch keine Vorfälle bekannt. Von den sechs Unfällen mit E-Scootern, die die Erdinger Polizei 2020 registrierte, führten immerhin zwei zu schweren Verletzungen. Viermal wurden Fahrer alkoholisiert aufgegriffen, einmal unter Drogen. In diesem Jahr gab es bisher nur einen Unfall mit leichten Verletzungen des Fahrers, drei Drogen- und eine Alkoholfahrt. Zum Vergleich: Allein im Stadtgebiet Erding haben sich letztes Jahr 60 Unfälle mit Fahrradfahrern ereignet,sagt Brückner. Allerdings nutzen auch immer noch wesentlich mehr Erdinger das Rad als den E-Scooter.

Christian Hamberger kann sich gut vorstellen, dass es in Zukunft zu mehr Unfällen mit E-Scootern kommt. In seinem Fahrradverleih in der Erdinger Innenstadt bietet er neben normalen Fahrrädern und E-Bikes auch zwei E-Scooter zum Verleih an. Nachgefragt würden diese allerdings kaum, nur zwei-dreimal hat Hamberger sie vergangenes Jahr verliehen. "E-Scooter sind deutlich gefährlicher als das Fahrrad", betont Hamberger, "das Problem besteht darin, dass man nicht so stabil fahren kann." Schuld daran seien die oftmals verwendeten Hartgummireifen. Gerade im Winter kann es damit auf nassen Straßen, Kopfsteinpflaster und Laub sehr rutschig werden. "Wenn man sich nicht traut, sich auf ein Skateboard zu stellen, dann sollte man das mit dem E-Scooter lassen," rät Hamberger. Allerdings hängt die Fahrsicherheit auch stark mit der Qualität und dem Preis ab. Modelle mit Luftreifen, wie sie viele kommerzielle Verleihfirmen in Großstädten haben, seien deutlich stabiler, allerdings auch nicht mehr so einfach im Kofferraum zu verstauen.

Auch die eigentlich notwendigen Handzeichen und der Schulterblick zum Abbiegen können die Stabilität der Fahrt beeinträchtigen, gibt Hamberger zu bedenken. Auf sie zu verzichten, macht das Verhalten von E-Scooter-Fahrern für andere hingegen unberechenbar. "Viele Verkehrsteilnehmer rechnen einfach nicht mit E-Scootern. Autofahrer denken vielleicht von der Haltung her, es handelt sich um einen Fußgänger. Wenn sie dann abbiegen, ist der E-Scooter aber viel schneller als der Fußgänger", befürchtet Kratzer. Benjamin Brückner sieht in der fehlenden Kenntnis über die Alkoholgrenzwerte zum E-Scooter-Fahren eine mögliche Gefahrenquelle. Tatsächlich belegt eine 2020 erschienene Forsa-Umfrage im Auftrag des Deutschen Verkehrssicherheitsrats, dass gerade einmal die Hälfte der E-Scooter-Nutzer wissen, dass für sie dieselben Regeln bezüglich Alkoholkonsums gelten wie für Autofahrer.

Christian Hamberger, der selber hin und wieder E-Scooter fährt, ist ebenfalls aufgefallen, dass vielen Nutzern das Wissen über die rechtlichen Rahmenbedingungen fehle. "Ich sehe immer wieder E-Scooter ohne Kennzeichen. Dabei müssen sie genauso wie ein Auto versichert und zugelassen werden." Auch die Pflicht zum Nutzen von Radwegen sei nicht allen geläufig.

Während der Verleih von E-Scootern in großen Städten boomt, sind die wenigen Tretroller, die in Erding unterwegs sind, vor allem Privatfahrzeuge. "Verleihfirmen haben vermutlich wenig Interesse an ländlichen Regionen. Die Leerzeiten wären größer und das Einsammeln der Roller aufwendiger", vermutet Kratzer. Auf die Stadt Erding ist jedenfalls noch kein Leihanbieter zugekommen, wie Pressesprecher Christian Wanninger mitteilte.

Dass die E-Scooter in Erding keine Konkurrenz zu E-Bikes und normalen Rädern sind, zeigt sich auch in den Fahrradgeschäften. "Damit fange ich gar nicht erst an", sagt Peter Huber vom Bike-Service Huber in Dorfen. Vor zwei Jahren hatte er noch überlegt, die E-Scooter irgendwann ins Sortiment aufzunehmen, die Nachfrage sei allerdings so gering, dass sich das nicht lohne. "Die E-Scooter bringt der Postbote", scherzt Huber. Die meisten würden die Geräte über das Internet bestellen. Auch Sebastian Kittlitz vom Radhaus Erding führt keine E-Scooter im Sortiment. In kleinen Rahmen hätte er zwar Anfragen dafür bekommen, grundsätzlich seien E-Scooter-Interessenten nicht seine Zielgruppe. Kittlitz glaubt zwar, dass sich die elektrischen Tretrollen auf Dauer etablieren können, "aber nicht in der großen Masse". Das sieht Christian Hamberger ähnlich. Trotzdem erkennt er Potenziale für E-Scooter in Erding: "Wenn man in der Innenstadt wohnt, aber dort nicht parken kann, ist ein E-Scooter auch auf dem Land ganz nett."

© SZ vom 07.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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