Diskussion im Erdinger Kreistag:Kommunal Pass wird verbessert

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Landrat Martin Bayerstorfer rechtfertigte im Kreistag sein Vorgehen wieder einmal. (Foto: Renate Schmidt)

Asylbewerber sollen in vier bis sechs Wochen auch Bargeld damit abheben können. SPD, FW, Grüne und ÖDP kritisieren die Mängel des Systems: Bislang funktioniere die Bezahlfunktion in nur wenigen Geschäften.

Von Thomas Daller, Erding

Flüchtlinge sollen künftig mit dem umstrittenen Kommunal Pass Bargeld an Geldautomaten abheben können. Der Anteil, der ausgezahlt wird, liegt bei etwa 40 Prozent. So kann ein erwachsener Asylbewerber, dem 351 Euro monatlich zustehen, 135 Euro bar abheben. Das hat Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) in der Sitzung des Kreistags angekündigt. Diese Umstellung wird jedoch noch vier bis sechs Wochen in Anspruch nehmen. Einen gemeinsamen Dringlichkeitsantrag von SPD, FW, Grünen und ÖDP, die eine Rücknahme des Kommunalpasses verlangten und die Einführung von eigenen Konten für Flüchtlinge forderten, ließ Bayerstorfer nicht zu. Damit überschreite der Kreistag seine Kompetenzen, sagte Bayerstorfer und verwies auf die Doppelfunktion des Landratsamtes als Kreisbehörde und staatliche Verwaltungsbehörde. Auf letztere habe der Kreistag keinen Einfluss und der Kommunalpass falle in die Zuständigkeit des staatlichen Organs.

Die Entscheidung des Landrats, den Dringlichkeitsantrag aus formalen Gründen nicht auf die Tagesordnung zu nehmen, stieß bei den Sprechern der genannten Fraktionen auf erheblichen Protest. Er legte sich erst, als Bayerstorfer anbot, zu dem Thema am Ende der Sitzung unter "Bekanntgaben und Anfragen" Stellung zu nehmen. Dabei rechnete er dann auch mit seinen Kritikern ab, die ihm in den vergangenen Tagen und Wochen wegen der Probleme mit dem Kommunal Pass Schikane von Flüchtlingen vorgeworfen hatten. Gegen diesen Vorwurf wehrte sich Bayerstorfer, indem er darauf hinwies, was er bis dato für die Flüchtlinge geleistet habe: So habe er die Berufsschulturnhalle bereitwillig der Regierung von Oberbayern als Unterkunft angeboten, während sich andere Landräte weggeduckt hätten. Er habe die Berufsschulintegrationsklassen eingeführt und sei gemeinsam mit dem Landkreis München-Land Vorreiter bei der Asylsozialberatung gewesen: "Das war auch meine Initiative." Bayerstorfer hielt seinen Kritikern im Kreistag vor, "ich habe in diesem Gremium keine Unterstützung bekommen, als ich Wohnungen gesucht habe". Bayerstorfer warf auch Helga Stieglmeier vor, an zwei Besprechungen zum Thema Asyl nicht teilgenommen zu haben: "Sie haben durch Abwesenheit geglänzt." Stieglmeier, Sprecherin der Grünen, sprach von einer "Unverschämtheit". "Das ist Diffamierung, was Sie hier treiben."

Bayerstorfer betonte, er wolle am Kommunal Pass festhalten: "Das ist für den Landkreis Erding kostengünstiger, sicherer, zweckgerichtet und beugt deutlich mehr Missbrauch vor als alle anderen Systeme." Eine Rückkehr zur Bargeldauszahlung im Landratsamt oder in der Kirchgasse werde es nicht geben. Dort hätten sich Bedrohungsszenarien abgespielt, bei denen man die Polizei rufen musste. "Der Grundgedanke ist ja richtig", sagte Georg Els, Sprecher der Fraktion der Freien Wähler (FW), zum Kommunal Pass: "Aber es muss funktionieren, auch auf dem Land, und es darf nicht diskriminierend sein. Über kurz oder lang sind Konten die einfachste Geschichte."

Nicht alltagstauglich

Ulla Diekmann, Sprecherin der SPD-Fraktion, reagierte mit Häme: "Unser Landrat ist der beste - Vorreiter der Abschreckung." In vielen Dörfern könne man weder beim Bäcker noch beim Metzger mit der Karte bezahlen. "Wir gehen wieder einen Alleingang." Bayerstorfer griff den Hinweis von Georg Els mit den Konten auf und entgegnete, dass im Landkreis Erding zwei Drittel der Asylbewerber über kein Konto verfügen würden. Das betreffe aktuell 629 Bedarfsgemeinschaften.

Die stellvertretende Landrätin und Dritte Bürgermeisterin von Finsing, Gertrud Eichinger (SPD) monierte, der Kommunal Pass habe sich in ihrer Gemeinde nicht als alltagstauglich erwiesen: "Wir sind die siebtgrößte Gemeinde und die Karte ist nur in der Apotheke nutzbar. In den meisten Geschäften funktioniert die Karte gar nicht oder man kann nur Beträge bis zu 15 oder 20 Euro bezahlen. Und die Auszahlungsfunktion geht gar nicht."

Bayerstorfer bestritt, dass dies generell der Fall sei: "Die Mehrheit der Karten funktioniert. In allen Geschäften, die das Maestro-System nutzen, kann man damit bezahlen." Dennoch räumte er "Einführungsschwierigkeiten" ein, die die Helfer der Flüchtlinge "überproportional belasten" würden. Für die Unterstützung der Helferkreise sei er "sehr dankbar". Wenn Flüchtlinge in der Zwischenzeit dringend Bargeld benötigen würden, könnten sie sich ans Landratsamt wenden: "Es gibt flexible Lösungen."

© SZ vom 11.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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